Endlager-Kommission: Aktivisten führen Bundestag vor
Weil es bisher keine Wortlautprotokolle von den Sitzungen der Atommüll-Kommission gibt, haben Freiwillige jetzt selbst Abhilfe geschaffen.
BERLIN taz | Sie soll das entscheidende Gemium für eine gesellschaftliche Debatte über die Lagerung des deutschen Atommülls sein: die „Kommission Lagerung hochradioaktiver Abfälle“, besser bekannt als Endlager-Kommission. Doch wer die Diskussionen der 33 ExpertInnen aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften, Umweltverbänden und Kirchen nachvollziehen will, hat es schwer.
Auf der offiziellen Webseite der Kommission findet sich über die zweite Sitzung, die vor gut sechs Wochen stattgefunden hat, bis heute kein Bericht. Von dem mehrstündigen Auftakttreffen im Mai gibt es lediglich ein dreiseitiges Kurzprotokoll, in dem einige Aussagen knapp zusammengefasst sind.
Ein Wortlautprotokoll, das sowohl von einigen Kommissionsmitgliedern als auch von außenstehenden Beobachtern gewünscht wurde, steht dort bisher nicht. „Das hat es in Ausschüssen und Kommissionen bisher noch nie gegeben“, sagte der Kovorsitzende der Kommission, Michael Müller, der taz. Zudem verweist er darauf, dass eine Videoaufzeichnung der Sitzungen online abrufbar sei. „Da kann jeder nachsehen, was besprochen wurde.“
Dennoch habe die Kommission bei der Bundestagsverwaltung um die Anfertigung von Wortlautprotokollen gebeten. Darüber habe der Bundestagspräsident bisher aber noch nicht entschieden; zunächst solle der Ältestenrat mit der Frage befasst werden, erklärte Müller.
91 eng beschriebene Seiten
Die Anti-Atom-Initiative Ausgestrahlt gibt sich mit dieser Antwort nicht zufrieden – und hat nun eigenhändig Abhilfe geschaffen: Am Montag stellte sie eine komplette Abschrift der ersten Sitzung auf ihre Webseite: 91 eng bedruckte Seiten. Erstellt haben das Protokoll freiwillige HelferInnen, die sich auf einen Aufruf hin für die Arbeit gemeldet hatten. „Was der Bundestag mit seinen Mitteln bisher nicht zustande bringt, liefern jetzt über 50 Anti-Atom-Aktive“, sagte Ausgestrahlt-Sprecher Jochen Stay.
Die Videos auf der Webseite hält er für nicht ausreichend. „Einzelne Beiträge in den stundenlangen Mitschnitten zu suchen ist viel zu aufwendig“, sagte Stay. „Damit wird die Kommission ihrem eigenen Anspruch transparenter Arbeit nicht gerecht.“ Das schriftliche Protokoll ist zwar ebenfalls sehr umfangreich, doch im Gegensatz zum Video ist es nach Tagesordnungspunkten strukturiert und lässt sich problemlos nach Stichworten oder Namen durchsuchen.
Ob diese Argumente am Ende auch den Bundestag überzeugen, ist offen: Die Geschäftsstelle der Kommission darf der Presse bisher keine Auskünfte erteilen, weil sie noch keinen Verantwortlichen für Öffentlichkeitsarbeit hat. Und die bisher zuständige Pressestelle des Bundestags erklärte am Montag, über den Antrag auf Wortlautprotokolle sei noch nicht entschieden worden.
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