Ende der Olympischen Winterspiele: Spiele einer Bubble
Begeisterung wollte nicht aufkommen. Dass es beim nächsten Mal besser wird, ist unwahrscheinlich. Derartige Mega-Events sind kaum noch zu vermitteln.
S oll man gratulieren, liebes ZK der KP China? Schließlich gingen eure Olympischen Winterspiele ohne nennenswerte Pannen über die Bühne, das Coronakonzept scheint funktioniert zu haben, und der einzige größere Skandal rankte sich um eine 15-jährige Russin.
Das hat ja bislang auch immer geklappt: Vor einem Mega-Event hagelt es Proteste, aber kaum dass die Wettkämpfe beginnen, interessiert nur noch der Sport. So war es zuletzt in Tokio 2021, so war es 2014 in Sotschi. Immer hat die politische Kraft, die aus dem Sport selbst kommt, die Diskurse überlagert. Und stets steht die politische Öffentlichkeit staunend vor diesem Phänomen.
Doch so einfach wie bisher war es bei diesen Spielen in Peking nicht. Nur in ganz wenigen Momenten ließ sich die Öffentlichkeit mit voller Begeisterung auf den Sport ein. Meist dominierte in den Berichten aus Peking Zurückhaltung. Das mag an den politischen Protesten ob der Menschenrechtslage in China liegen. Es kann auch mit dem moralischen Bankrott des IOC zu tun haben.
Ehrlicherweise sollte man auch nicht ausschließen, dass überhebliche europäische Ressentiments über das angebliche Nicht-Wintersportland China mitspielten. Und ein wichtiger Grund für die eher kritische Rezeption dürfte die gedämpfte Begeisterung vor Ort sein, die mit dem Coronaregime zusammenhängt. Es waren schlicht nicht die Spiele Pekings, sondern die einer Bubble, die drei Wochen lang nahe Chinas Hauptstadt angesiedelt war.
Ob das anders wird, wenn die nächsten Sommerspiele in Paris und die nächsten Winterspiele in Mailand und Cortina d’Ampezzo stattfinden? Möglich, aber nicht wahrscheinlich, denn die Debatten um riesige Sportereignisse deuten ja an, dass eine Sättigungsgrenze erreicht sein könnte: Weder ökologisch noch sozial sind solche Mega-Events zu rechtfertigen – und medial kaum mehr zu vermitteln. Vielleicht wird ja die Fackel der Kritik von Peking nach Paris und Mailand weitergetragen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alleingang des Finanzministers
Lindner will Bürgergeld kürzen
Putins Brics-Gipfel in Kasan
Club der falschen Freunde
Deutsche Asylpolitik
Die Hölle der anderen
Kritik an Initiative Finanzielle Bildung
Ministeriumsattacke auf Attac
Linke in Berlin
Parteiaustritte nach Antisemitismus-Streit
Investitionsbonus für Unternehmen
Das habecksche Gießkannenprinzip