piwik no script img

Ende der InnenministerkonferenzDie Verfassungsschutzreform stockt

Eigentlich waren sich die Innenminster von Bund und Länder einig. Doch dann brüskierte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) seine Länderkollegen.

Miese Stimmung: Bundesinnenminister Friedrich (links) und seine Länderkollegen Ralf Jäger (NRW, SPD, Mitte) und Boris Pistorius (SPD, Niedersachsen). Bild: dpa

HANNOVER taz | Die Reform des Verfassungsschutzes wird vor der Bundestagswahl wohl nicht mehr gelingen. Bund und Länder sind sich über die künftige Rolle des Bundesamts für Verfassungsschutz nicht einig, wie an diesem Freitag bei der Innenministerkonferenz (IMK) in Hannover deutlich wurde. Ziel der Reform ist ein besserer Informations-Austausch zwischen den Verfassungsschutzämter in Bund und Ländern.

Die Weitergabe von Informationen und Lagebildern soll künftig gesetzlich vorgeschrieben sein. Bisher hatten die Ämter ihre Informationen oft für sich behalten, um ihre Quellen zu schützen. Dies dürfte ein Grund für die Pannen bei der Suche nach den untergetauchten Neonazis Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe (der späteren NSU-Terrorzelle) gewesen sein. Allerdings legte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich den Entwurf zur Änderung des Verfassungsschutzgesetzes seinen Kollegen erst am Freitag morgen vor.

So wollte er wohl verhindern, dass es schon im Vorfeld der IMK heftige Kritik aus den Ländern gibt. Denn er hatte darin einen Passus versteckt, den die Länder einhellig missbilligen: Danach soll das Bundesamt für Verfassungsschutz künftig in den Bundesländern auch ohne Zustimmung des jeweiligen Landesamts tätig werden dürfen. „Das haben wir bei der letzten Innenministerkonferenz doch mit 16 zu 0 Stimmen abgelehnt“, kritisierte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), der sich zum Sprecher der Länderkollegen aufschwang. „Damit hat Minister Friedrich ein klassisches Eigentor geschossen.“

Die Länder haben bei der Reform eine starke Position, weil das Gesetz im Bundesrat zustimmungspflichtig ist. Zwei andere Projekte wurden bei der IMK aber einvernehmlich beschlossen. So wollen Bund und Länder künftig einheitliche Standards bei der Auswahl und Führung von V-Leuten anwenden. „Jemand der erhebliche Straftaten begangen hat, ist als V-Mann ungeeignet“, berichtete NRW-Minister Jäger.

Das gleiche gelte für Personen, die in einer Organsiation eine führende Rolle innehaben. Der Einsatz von V-Leuten müsse künftig vom jeweiligen Behördenleiter genehmigt werden, so Jäger. Außerdem dürften die V-Mann-Honorare nicht die einzige Lebensgrundlage eines Spitzels sein. Auch ein V-Mann-Register wurde in Hannover beschlossen. Danach müssen Bund und Länder regelmäßig mitteilen, wieviele Spitzel sie in welchen extremistischen Szenen verpflichtet haben.

Den Spitzel nicht gefährden

„So kann verhindert werden, dass jemand als V-Mann verpflichtet wird, der schon für einen anderen Dienst als V-Mann arbeitet“, sagte Friedrich. Den echten Namen der V-Leute müssen die Behörden dabei nicht mitteilen, um die Spitzel nicht zu gefährden. Es sollen nur allgemeine Informationen mitgeteilt werden, die eine Identifikation ermöglichen, etwa das Alter und Aussehen. Friedrich kündigte außerdem einen Gesetzentwurf an, der die Ausweisung gefährlicher Ausländer erleichtern soll.

Neben politischen Extremisten sollen künftig auch „religiöse Extremisten“ des Landes verwiesen werden. Gemeint sind wohl so genannte Salafisten, die einem fundamentalistischen Islam anhängen. Zudem soll die Ausweisung straffälliger Ausländer schon ab einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (bisher: drei Jahre) obligatorisch sein.

Friedrich hat hierfür aber noch keine Zustimmung von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und dürfte sie wohl auch nicht bekommen. Eher am Rande wurde bekannt, dass der NPD-Verbotsantrag des Bundesrats nicht wie geplant im Sommer fertig wird. Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern Lorenz Caffier (CDU) zeigte sich aber „hoffnungsvoll, dass wir den Antrag noch in diesem Jahr einreichen können.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!