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Ende der Affaire um Jürgen Bula in SichtFlughafenchef soll fliegen

Der Aufsichtsrat will dem Flughafenchef Jürgen Bula fristlos kündigen. Denn Wirtschaftsprüfer hatten erhebliche Mängel gefunden.

Hier wurde gepfuscht und gemauschelt: Bremer Flughafen Foto: dpa

BREMEN taz | Seit dem vergangenen November kann Flughafenchef Jürgen Bula für seine 275.000 Euro Jahresgehalt spazieren gehen – der Aufsichtsrat hat ihn von der Arbeit freigestellt. Wie berechtigt das war, musste das Aufsichtsgremium gestern erfahren, als die Wirtschaftsprüfer die Ergebnisse ihrer Sonderprüfung vorstellten.

Der Flugfhafenchef habe den Aufsichtsrat nicht voll informiert, so das Ergebnis der Prüfung. Die Wirtschaftsprüfer haben eine „Verletzung der Informationspflichten“ festgestellt sowie Verstöße gegen eine Vielzahl von internen Regeln, etwa des Vier-Augen-Prinzips. Oft habe bei Entscheidungen die zweite Unterschrift gefehlt.

Der Geschäftsführer muss nun mit Folgen rechnen – die fristlose Kündigung sei die „richtige Konsequenz“, sagte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Wirtschaftsstaatsrat Ekkehart Siering. Bula hat allerdings das Recht auf eine Anhörung. Außerdem will der Aufsichtsrat prüfen, ob er die Staatsanwaltschaft einschaltet.

Es habe unter Bula ein „Klima der Angst“ geherrscht, berichtete der Aufsichtsratsvorsitzende, nun gebe es eine regelrechte „Aufbruchstimmung“ in der Belegschaft.

Bula wurde 2009 als Flughafenchef eingesetzt, nachdem sein Vorgänger, Manfred Ernst, nach 22-jähriger Tätigkeit von seinen Aufgaben entbunden wurde. Ihm wurde Vetternwirtschaft und ein dubioser Beratervertrag vorgeworfen – angeblich soll er am Ende den Flughafen geführt haben wie seine private Firma.

Bekiffte Bula-Fotos im Internet

Auf so viele Jahre wie Manfred Ernst kommt Bula nicht – immerhin wurde sein Vertrag 2013 vorzeitig bis 2019 verlängert – damals hatte Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) noch volles Vertrauen zu ihm.

Und das, obwohl es immer wieder Beschwerden des Betriebsrates gegen den Führungsstil Bulas gegeben hatte. Auffällig war auch, dass es verschiedene merkwürdige Internet-Auftritte eines „Jürgen Buia“ gab, die das Foto eines karnevalistisch verkleideten Jürgen Bula zeigten und auch auf den Flughafen verwiesen.

Dass Bula etwas dagegen unternommen hätte, wurde nicht bekannt – so blieb der Verdacht, dass er selbst hinter den etwas bekifft wirkenden Spaß-Aktionen im Netz stand.

Im Herbst wurde bekannt, dass Bula bei Tarifverhandlungen im Sommer schon am frühen Abend so betrunken gewesen war, dass ihm die Verhandlungsführung abgenommen werden musste. Bula kassierte dafür eine Abmahnung.

Vertrauensverhältnis erschüttert

Die Freistellung Bulas begründete der Aufsichtsrat im November mit „schweren Störungen“ im Verhältnis zwischen dem Geschäftsführer und den Mitarbeitern, wodurch auch das Vertrauensverhältnis zum Aufsichtsrat erschüttert sei.

Die Gewerkschaft Ver.di hatte zuvor Bulas Ablösung gefordert. Rainer Kuhn, Ver.di-Bezirksgeschäftsführer Bremen-Niedersachsen, erklärte damals: „Auch wenn es lange gedauert hat, hat der Aufsichtsrat nun Verantwortung übernommen.“

Der Aufsichtsrat hat seine Mitglieder verdonnert, keine Details über die Vorwürfe gegen Bula mitzuteilen. Der Flughafen ist eine hundertprozentige Tochter des Landes Bremen. Anfang der 1990er-Jahre hatte Bremen das Gebäude mit einer Investition von 200 Millionen Mark ausgebaut.

Die Erwartung, dass die Passagierzahlen steigen würden, erfüllte sich aber nicht. 2007 kaufte der irischen Billigflieger Ryanair ein Stück des Flughafengeländes und eine Abfertigungshalle.

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