piwik no script img

Eklat im EU-ParlamentsplenumRauswurf wegen Rassismus

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz wirft einen Abgeordneten wegen rassistischer Äußerungen raus – ein Mitglied der griechischen „Goldenen Morgenröte“.

Eleftherios Synadinos am Dienstag im Parlament. Foto: dpa

Strassburg epd | EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hat einen griechischen Abgeordneten wegen rassistischer Äußerungen aus einer Plenarsitzung geworfen. Schulz verwies Eleftherios Synadinos von der rechtsextremen griechischen Partei „Goldene Morgenröte“ am Mittwoch aus dem Saal des Straßburger Parlamentsgebäudes, nachdem dieser von Türken als „geistige Barbaren“ gesprochen und sie als „schmutzig“ bezeichnet hatte, wobei es sich angeblich um ein Zitat handelte. Für Schulz‘ Schritt gab es Beifall. Synadinos ging erst nach fast tumultartigen Szenen, als Schulz die Saaldiener gebeten hatte, ihn hinauszuführen.

Schulz hatte zuvor die ins Deutsche übersetzte Äußerung des Abgeordneten so wiedergegeben: „Wie osmanische Wissenschaftler geschrieben haben: Die Türken sind geistige Barbaren, gottesverachtend, Schwindler und schmutzig. Der Türke ist wie der Hund, der den Wilden spielt, aber wenn er gegen den Feind zu kämpfen hat, davonläuft. Der einzige effektive Weg, mit den Türken umzugehen, ist die Faust und Entschlossenheit.“ Diese Äußerung stelle nach der Geschäftsordnung des Parlaments eine „schwerwiegende Verletzung der Werte und Grundsätze der Union“ dar, sagte der deutsche Parlamentspräsident.

Der Verweis Synadinos‘ aus dem Saal sei eine ungewöhnliche Maßnahme, die er aber für „unvermeidlich für die Würde unseres Hauses halte“, sagte Schulz. Zugleich sei es eine Grundsatzentscheidung, weil er im Parlament den systematischen Versuch erkenne, „den Rassismus hier salonfähig zu machen“. Eine direkte Aussprache zu seinem Schritt lehnte Schulz ab, verwies aber darauf, dass sich Synadinos später äußern könne. In der Debatte war es um die Flüchtlingskrise und insbesondere die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei gegangen.

Nach Angaben eines Parlamentssprechers kommen derartige Rauswürfe sehr selten vor. So sei 1988 der protestantische Pfarrer und Politiker Ian Paisley aus Nordirland des Saales verwiesen worden, nachdem er eine Rede des damaligen Papstes Johannes Paul II. gestört hatte. 2010 wurde der ebenfalls britische Abgeordnete Godfrey Bloom des Saales verwiesen, nachdem er Schulz, der damals noch nicht Präsident des Parlaments war, mit einem Nazi-Vergleich attackiert hatte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Richtig so, wir müssen den Griechen zeigen, wer in Europa das Sagen hat.

    • @86548 (Profil gelöscht):

      Der Kerl wurde nicht rausgeworfen, weil er Grieche ist, sondern weil er versucht hat, das EU-Parlament zu einem Forum für seinen rassistischen Dünnpfiff zu machen und man dem entschlossen entgegentreten wollte, was meiner Meinung nach absolut richtig ist.

    • @86548 (Profil gelöscht):

      Falsch und armselig! Wir müssen den Faschisten zeigen, dass wir sie nicht dulden - egal aus welchem Land sie kommen. Interessant ist, dass die CA-Abgeordneten im EU-Parlament einstmals Offiziere der griechischen Armee waren - die 'Nachgeburt' der Obristen-Diktatur ist immer noch aktiv.

  • Eine gute und angebrachte Maßnahme, einer solchen rassistischen Bemerkung direkt und kompromisslos entgegenzutreten, bevor sie salonfähig wird!

    Was passiert, wenn nicht so gehandelt wird, können wir hierzulande sehen, wo plötzlich ernsthaft rechtlich begründet werden muss, waum nicht auf Flüchtlinge an der Grenze geschossen werden soll, nachdem das von Hetzern aus dem gleichen Lager "nur mal ganz objektiv zur Debatte gebracht" wurde.

    • @Bjar:

      Stimmt. Und bei den letztgenannten Verharmlosern geht mir erst recht der Hut hoch, weil sie gerade diejenigen sind, die den "besorgten Bürgern" erst die vergifteten Brocken reichen.

  • Diese derben Beleidigungen und Gewaltandrohungen sind eindeutig nicht tolerierbar, wenn tatsächliche Gewaltausbrüche wie in osteuropäischen Parlamenten vorgekommen, verhindert werden sollen.

    Um für die vielen Aufgaben des Parlaments Kompromisse zu erzielen, müssen solche unnützen und unreifen Entgleisungen vermieden werden.

    Es gibt darüberhinaus überhaupt keinen Grund für die europäische Gesellschaft, sich von der Demokratie zur Diktatur verführen zu lassen!

    Es darf weiterhin mehr Demokratie gewagt werden - das wird aber nicht durch rechtsradikale Parteien erreicht!

    Reichtum und Sicherheit wird von ihnen propagiert - sie können und wollen es aber nicht einhalten, sondern ausschliesslich die totale Macht über die Gesellschaft erlangen und definieren dabei auch gleich die Gerechtigkeit/ Verfassung um.

    Um nicht mehr Flüchtlinge aufzunehmen, (wie Österreich) braucht niemand totalitär zu werden (wie Polen und Ungarn) - Nothilfe sollte zwar selbstverständlich sein, kann aber nicht erzwungen werden.

    Es gibt aber keine Legitimation für eine Diktatur - die hat überhaupt nichts mit Volkswillen zu tun, sondern ist Machtausübung und Unterdrückung.