Einreisebeschränkungen für Studierende: Visum nur bei Präsenzstudium
Für ausländische Studierende gibt es wegen der Corona-Pandemie weiter Hürden bei der Einreise nach Deutschland. Die Grünen kritisieren das.
Die Einschränkungen gelten für Studierende aus den Staaten außerhalb der EU, die nach wie vor zu Corona-Risikogebieten gezählt werden. „Die Einreise zu einem Online- oder Fernstudium ist weiterhin nicht vorgesehen“, heißt es in einer am Freitag bekannt gewordenen Antwort des Bundesbildungsministeriums auf eine Anfrage der Grünen. Sowohl im Visumverfahren als auch als bei Grenzkontrollen würden daher Bescheinigungen über ein Präsenzstudium gefordert.
Wegen der Corona-Pandemie hatten viele Universitäten ihr Lehrangebot im Sommersemester auf virtuelle Formate umgestellt. Dies wird zum Teil im Wintersemester fortgesetzt. Der Sprecher des Bundesverbandes ausländischer Studierender, Kumar Ashish, berichtete dem ARD-Hauptstadtstudio von den Problemen einiger Betroffener.
„Was nutzt es einer Studentin in Indien, online an ihren deutschen Uni-Seminaren teilzunehmen, wenn sie nicht in die Unibibliothek gehen kann“, sagte Ashish. Gerade in Indien gelte immer noch eine Ausgangssperre, daher komme die Studentin nicht mal an die Literatur in ihrer Stadt – so sei ein Studium unmöglich.
Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium erklärten, die Einschränkungen für Studierende richteten sich nach den Regeln, die auch für alle anderen gelten. Eine Sprecherin des Außenamts betonte, die Einschränkung gelte allerdings nicht für Studierende, die schon in Deutschland sind.
Wer bereits mit einem Visum in Deutschland war und nun beispielsweise für die Ferien in die Heimat geflogen ist, könne auch wiederkommen, wenn das Visum noch gültig ist, bestätigte ein Sprecher des Innenministeriums. Er bezeichnete die Regelung als „angemessen“. Zudem hätten die meisten Unis ohnehin den Präsenzbetrieb wieder aufgenommen, sagte er.
Grüne kritisieren „Doppelmoral“
Der Grünen-Abgeordnete Kai Gehring kritisierte die Regelung. Es sei eine „irrige Annahme“, dass ein Studienaufenthalt nur für den Besuch von Vorlesungen und Seminaren gedacht sei, sagte er dem ARD-Hauptstadtstudio. „Austausch dient auch dazu, Kultur und Gesellschaft des Gastlandes kennenzulernen“, sagte er.
Mit Blick auf die von US-Präsident Donald Trump zunächst angedrohten Ausweisungen ausländischer Studierender, die auch in Deutschland auf Empörung stießen, sprach Gehring zudem von „Doppelmoral“. Schon allein wegen der außenpolitischen Glaubwürdigkeit sollten die Hürden für internationale Studierende schleunigst wieder beseitigt werden.
Der FDP-Politiker Jens Brandenburg sagte, die Bundesregierung lege mit „bürokratischer Engstirnigkeit“ die Axt an den internationalen Studierendenaustausch. Ein pauschales Einreiseverbot für Studierende unabhängig von Corona-Testergebnissen und Risikogebieten sei völlig überzogen.
Wegen der in der Corona-Pandemie verhängten Einreisesperren konnten ausländische Studierende ab dem 17. März nicht mehr einreisen. Die neue Regelung mit dem Nachweis von Präsenzpflichten gilt laut Bundesbildungsministerium seit dem 2. Juli.
Zahl ausländischer Studierender gesunken
Das Problem ist an den Unis daher auch längst bekannt, wie die Sprecherin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder, Michaela Grün, dem epd sagte. Im Wintersemester finden nach ihren Angaben dort wieder in allen Studiengängen neben Online- auch Präsenzveranstaltungen statt. Die Voraussetzung für eine Einreiseerlaubnis ist also gegeben.
Ausländische Studierende erhalten wegen der Einschränkungen mit ihren Zulassungspapieren von der Viadrina derzeit auch automatisch ein Formular, mit dem sie die Präsenzpflicht gegenüber den deutschen Auslandsvertretungen nachweisen können, erklärte Grün.
Im vergangenen Wintersemester kamen rund zehn Prozent der damals rund 5.500 Studentinnen und Studenten von einem anderen Kontinent als Europa. Eine Statistik für dieses Semester liegt noch nicht vor.
Grün sagte, die Zahl ausländischer Studierender liege voraussichtlich auch ohne Reisebeschränkungen aber deutlich niedriger als in den Vorjahren. Während der Corona-Pandemie hätten viele auch aus anderen Gründen, etwa finanziellen, ihren Studienplatz nicht angetreten.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße