Eingliederung Bremen fehlt Personal zur Betreuung schulpflichtiger Kinder mit einer seelischen Behinderung: 18 von 54 bewilligten Assistenzstellen sind unbesetzt: CDU: Exklusion statt Inklusion
Fünf Schülerinnen und 49 Schüler mit einer bestehenden oder drohenden seelischen Behinderung werden derzeit in Bremen durch Assistenzkräfte unterstützt, sodass sie am Unterricht teilnehmen können. Das teilt der Senat auf eine Kleine Anfrage der Fraktion der CDU mit, die „Exklusion statt Inklusion an Bremens Schulen“ ausgemacht haben will. Im Zuge der Umsetzung der Inklusionspolitik seien die persönlichen Assistenzen nicht mehr umfassend gewährleistet worden, steht in dem Papier. Daher könnten einige Schüler „nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr zur Schule gehen“.
Es lägen für das Schuljahr 2015/2016 exakt 86 Anträge für Assistenzen vor, heißt es in der Antwort, 54 seien bereits bewilligt, davon allerdings 18 noch nicht besetzt worden. Man habe „bisher kein geeignetes Personal auf dem Arbeitsmarkt dafür gefunden“. Die Assistenzkräfte werden vom Martinsclub Bremen eingestellt, der auch ihr Arbeitgeber ist. Sie müssen eine Erzieherausbildung nachweisen und einmal monatlich eine Supervision und Fachberatung akzeptieren. Der Finanzierung der Assistenzkräfte erfolgt durch die Wirtschaftliche Jugendhilfe im Amt für Soziale Dienste.
Bis 2014 seien Assistenzen als freiwillige kommunale Leistung ausschließlich für körperbehinderte Schüler gewährt worden, die die Anforderungen der Regelschule erfüllen konnten. So heißt es im Senatsschreiben. Dann wurde die Zuständigkeit geändert: Nun sei es der Senatorin für Kinder und Bildung möglich, Assistenzleistungen als Eingliederungshilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch für alle Kinder und Jugendliche zu bewilligen, für die nachgewiesen ist, „dass die seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht“.
Dass sich mit der inklusiven Beschulung die Situation verschlechtert habe, wie die CDU behauptet, ist dem Senat nicht nachvollziehbar. Es fehlt zwar an Personal, aber die Finanzressourcen seien vorhanden, um den Anspruch aller Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten, in Bremen zwölf Jahre beschult zu werden. Nur in zwei Fällen könne dieses Recht für Schüler mit besonderem Betreuungsbedarf eingeschränkt werden: einerseits als Folge von „Ordnungswidrigkeiten“, aufgrund derer die Missetäter befristet vom Unterricht ausgeschlossen würden, oder wenn es der Entwicklungsstand nicht zulasse, am gesamten Unterricht teilzunehmen. Eine verkürzte Beschulung sei aber „nur die letzte Möglichkeit, wenn alle anderen schulinternen Möglichkeiten ausgeschöpft sind“. Sie dürfe nicht abhängig gemacht werden von den Bedingungen vor Ort. Bildungsinstitute dürften sich in Bremen nicht weigern, diese Kinder zu beschulen. „Sollte dies in Einzelfällen geschehen sein, so werden die Schulen gegebenenfalls über die Schulaufsicht an diese Verpflichtung erinnert.“
Jens Fischer
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