Einfuhrstopp für Nahrungsmittel: Lukaschenkos lächerlicher Erlass

Der Importstopp ist eine billige Retourkutsche des Machthabers. Sein Vorbild sitzt in Moskau.

Alexander Lukaschenko in Militäruniform

Mal sehen, was er sich als nächstes ausdenkt: Alexander Lukaschenko Foto: Maxim Guchek/dpa

Originalität war noch nie eine Stärke des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. Jüngstes Beispiel dafür ist die Ankündigung, zu Jahresbeginn einen Einfuhrstopp für bestimmte Waren aus westlichen Ländern zu verhängen – darunter Fleisch, Milchprodukte, Gemüse und Süßwaren.

Diese Entscheidung ist eine billige Retourkutsche angesichts der Strafsanktionen, mit denen der Westen auf die Menschenrechtsverletzungen gegen Oppositionelle in Belarus und Lukaschenkos Zweitjob als Reisebegleiter für Mi­gran­t*in­nen auf ihrem Weg in die EU reagiert hat.

Als Vorbild für derartige Vergeltungsmaßnahmen dient Russland. Nachdem der Westen 2014 die völkerrechtswidrige Annexion der Krim sowie das Kriegsgeschehen in der Ost­ukraine mit Sanktionen beantwortete, machte Moskau für westliche Lebensmittelimporte die Schotten dicht.

So manche/r dürfte sich noch an Bilder der staatlichen Fernsehsender erinnern, als bereits eingeführte landwirtschaftliche Produkte vor laufender Kamera vernichtet wurden. Gleichzeitig gab Russlands Regierung bekannt, die eigene Produktion ankurbeln zu wollen. Das gelang, wenn man einmal von Qualitätsstandards absieht.

„Belarussische Krevetten“

Dennoch waren vor allem betuchte Rus­s*in­nen nicht auf gestreckten Käse angewiesen – Belarus sei Dank. Plötzlich tauchten in russischen Supermarktregalen „belarussische Krevetten“ und weitere eher landesuntypische Waren auf, die im Westen hergestellt, in Belarus jedoch einfach umetikettiert worden waren.

Damit ist wohl erst einmal Schluss, eher zum Leidwesen russischer Bür­ge­r*in­nen als ihrer leidgeprüften Nach­ba­r*innen. Die meisten können sich eh keinen Camembert leisten.

Die bestraften Staaten jedenfalls dürften den temporären Wegfall des belarussischen Absatzmarktes verkraften. Auch das zeigt, wie lächerlich der Erlass von Lukaschenko ist. Man darf gespannt sein, was er sich als nächstes ausdenken wird. Der Kreml hat da bestimmt noch die eine oder andere Anregung parat.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

Mehr Geschichten über das Leben in Belarus: In der Kolumne „Notizen aus Belarus“ berichten Janka Belarus und Olga Deksnis über stürmische Zeiten – auf Deutsch und auf Russisch.

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