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Einfluss bei den Öffentlich-RechtlichenBehinderte bald auf Sendung

Der Rundfunkrat des Rundfunks Berlin Brandenburg könnte bald vergrößert werden. Dann hätten Behinderte endlich einen Platz darin.

In Zukunft soll es Vielfalt nicht mehr nur vor dem Fernseher geben Bild: dpa

POTSDAM taz | In der Frage, ob Behindertenvertreter einen Sitz in Rundfunkrat des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) erhalten sollen, gibt es Bewegung: Demnächst werde es dazu einen gemeinsamen Antrag der Berliner Landesfraktionen von SPD und CDU geben, heißt es aus Koalitionskreisen. Beschlossen werden soll, den Rundfunkrat von 30 auf 32 Sitze aufzustocken, mit je einem Sitz für Vertreter von Menschen mit Behinderungen und Senioren.

Mitte Januar hatte es noch danach ausgesehen, als ob die im Frühjahr 2012 gestarteten Bemühungen um eine entsprechende Änderung des RBB-Gremiums gescheitert wären: Im April vergangenen Jahres hatte die Berliner SPD den Antrag eingebracht, Senioren und Behinderten einen Platz im Rundfunkrat zu geben, auch Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) hatte sich daraufhin für das Vorhaben ausgesprochen. Gegenüber der taz hatte Czaja geäußert, er verspreche sich davon mehr Berichterstattung über relevante Themen für Menschen mit Behinderung sowie eine stärkere Einbindung von Untertiteln und Gebärdensprache im Fernsehen.

Die CDU wollte den Antrag gemeinsam mit der SPD jedoch nur mit einer Änderung beschließen: Neben Behinderten und Senioren sollte ein dritter Sitz für einen Vertreter der Opferverbände der SED-Diktatur geschaffen werden. Der so geänderte Antrag war am 15. Januar in der Fraktionssitzung der SPD „nach kurzer Diskussion mehrheitlich abgelehnt worden“, sagte Frank Zimmermann, medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und Mitglied des Rundfunkrats.

Daraufhin gab es Bewegung von CDU-Seite: Die Fraktion will nun den ursprünglichen Antrag ohne zusätzliche Änderungen beschließen. Vertreter von SED-Opferverbänden reagierten mit Bedauern: „Die SPD muss sich fragen lassen, warum sie den Verfolgten der DDR-Diktatur einen Platz verweigern will“, sagte Vera Lengsfeld (CDU), Vorsitzende des brandenburgischen Landesverbandes der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. (VOS).

Rainer Wagner, Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), äußerte, er glaube nicht, dass bei dem Ringen um den Antrag Minderheitengruppen gegeneinander ausgespielt wurden: „Beide Parteien haben ein gutes Verhältnis zu uns wie einen klaren Blick für die Anliegen Behinderter.“ Sowohl VOS als auch UOKG hatten in der Vergangenheit den Wunsch geäußert, einen Vertreter in den RBB-Rundfunkrat zu entsenden.

Da der RBB sowohl für Berlin als auch für Brandenburg sendet, müssen beide einer Änderung des RBB-Staatsvertrags zustimmen. In der Vergangenheit hatte die Brandenburger SPD dies jedoch abgelehnt, da sie die Arbeitsfähigkeit des Gremiums durch eine Vergrößerung eingeschränkt sah. Der Koalitionspartner Die Linke hingegen war für einen Behindertenvertreter im Rundfunkrat.

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3 Kommentare

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  • BS
    Berthold Stevens

    Liebe Leute,

    eine Bemerkung zum sprachlichen Umgang mit dem Thema: Dass sich die taz nicht dem Wahn des politisch stets Korrekten unterwirft - gut so. Aber dass Menschen mit Behinderung für die taz nach wie vor (in diesem Beitrag jedenfalls durchgehend) schlicht "Behinderte" sind - gar nicht gut! Und "Behindertenbeauftragte" gibt es in vielen Einrichtungen und Unternehmen (jedenfalls bei uns in der Deutschen Welle) auch mit dieser Bezeichnung nicht mehr. Gottlob! Es wäre schön, wenn auch die taz öfter von "Menschen mit Behinderung" sprechen würde - im Titel lässt sich das Thema immer auch anders verkürzen, wenn nötig. Dann könnte man übrigens auch von "alten Menschen mit Behinderung" sprechen, wenn es um "Senioren und Behinderte" geht. Danke.

  • CH
    Carl-Wolfgang Holzapfel

    In diesem Fall Dank an die SPD, die durch ihre Haltung einem neuen Skandal vorbeugt. Man stelle sich vor, im Rundfunkrat des RBB wird der Vertreter eines Verbandes berufen, der noch kürzlich seinem Vorsitzenden das Vertrauen ausgesprochen hat, obwohl dieser gegen Juden, Moslems und andere Religionsgemeinschaften polemisiert. Auch ein(anderer) Verband, gegen dessen Vorsitzenden die Staatsanwaltschaft wegen steuerlicher Delikte ermittelt, würde keine Zierde des Rundfunkrates sein. Die Opferverbände sollten vor derartigen (grundsätzliche berechtigten) Forderungen erst einmal ihre Hausaufgaben machen und solche Bewerbungen rechtfertigen.

  • DG
    Die Gekauften

    Behinderte haben sich kaufen lassen. War nicht anders zu erwarten. Bei dem Anpassungswahn, den Behinderte pflegen, ist das auch kein Wunder, sondern logische Folge innerhalb einer Entwicklung.

    Der eigenständige / die eigenständige Behidnerte scheint offensichtlich ein Relikt der Geschichte zu sein.