Eine schwarze Jüdin beim ESC: Wie ein Märchen
Aus Äthiopien stammende Juden haben es bis heute schwer in Israel. Nun wird die 19-Jährige Eden Alene das Land beim Eurovision Song Contest vertreten.
Die 19-Jährige, die derzeit ihren Militärdienst absolviert, ist die erste äthiopische Sängerin, die Israel im Mai beim Eurovision Song Contest vertreten wird. „Das ist keine kleine Sache“, kommentierte auch Rotem Sela, die Moderatorin der Show. Die Äthiopier*innen, die zu großen Teilen in den 1990er Jahren nach Israel eingewandert sind, sind jüdisch und haben dennoch keinen leichten Stand im Land.
Rund 150.000 Menschen zählt die äthiopische Gemeinde heute, das sind weniger als zwei Prozent der israelischen Gesamtbevölkerung. Mehr als die Hälfte von ihnen lebt unter der Armutsgrenze. Im Juni letzten Jahres, nachdem ein 18-jähriger Äthiopier von einem Polizeibeamten erschossen wurde, demonstrierten Zehntausende von äthiopischen Jüdinnen und Juden gegen Polizeigewalt und Diskriminierung.
Vor diesem Hintergrund liest sich Alenes Erfolgsgeschichte wie ein Märchen: Geboren ist die Sängerin in Jerusalem, als Tochter äthiopischer Eltern, die mit der Einwanderungsbewegung der 1990er Jahre nach Israel gekommen waren. Alene berichtet von Rassismuserfahrungen in der Schule, zunächst an einer religiösen Schule, später an einem regulären Gymnasium. Sie lernte Ballett und nahm an der Theater-AG teil. Ihre religiös lebende Mutter zog sie alleine auf, zu ihrem Vater hat Alene keinen Kontakt, seitdem sie zwei Jahre alt ist.
2018 gewann sie das Finale in der Talentshow „X-Faktor“, wo sie die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zog. Daraufhin veröffentlichte sie einige Alben, die nicht besonders erfolgreich waren. Und nun die Entsendung zum Eurovision Song Contest im Mai in Rotterdam. Als Alene erneut „Halo“, jenen Hit von Beyoncé, sang, der ihr den Sieg gebracht hatte, klemmte sie sich eine israelische Flagge unter den Arm und legte den anderen Arm um ihre Mutter.
Viele Vertreter*innen von Minoritäten
Seit 1973 nimmt Israel am Eurovision Song Contest teil. Seitdem hat das Land im Nahen Osten viele Vertreter*innen von Minoritäten zum Wettbewerb geschickt und war damit recht erfolgreich. 1983 erlangte Ofra Haza, die israelische Sängerin jemenitischer Herkunft, den zweiten Platz. 1998 gewann Dana International, eine Transgender, mit dem Song „Diva“. 2009 sang die arabisch-israelische Mira Awad gemeinsam mit der Sängerin Achinoam Nini für Israel. Vor zwei Jahren gewann Netta, sodass der Contest im letzten Jahr in Tel Aviv stattfand.
„Die Monate, in denen ich an ‚The Next Star to the Eurovision‘ teilgenommen habe, haben mich von einem Mädchen mit einem Traum in eine erfahrene Sängerin verwandelt“, sagte Alene nach ihrem Sieg. Mit welchem Song sie im Mai antreten wird, ist noch nicht klar. In einem Interview sagte sie, dass sie darüber nachdenke, auf Amharisch zu singen, in ihrer Muttersprache. Für alle, die etwas für Geschichten eines märchenhaften Aufstiegs übrig haben, wäre das wohl ein Gänsehautmoment.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr