Eine „Welt“ ohne Hamburg

Mit dem gedruckten „Welt“-Lokalteil verliert Hamburg ein weiteres Stück Print-Journalismus. Ungewiss ist auch die Zukunft der „Morgenpost“.

Ausgelesen? gedruckt erscheint die „Welt-Hamburg“ nur noch bis Jahresende Foto: aldi

Hamburg taz | Die Nachricht kam unerwartet. Vergangenen Montag mussten die RedakteurInnen der Welt in Hamburg per Video-Konferenz miterleben, wie in der Berliner Axel-Springer-Zentrale das baldige Aus des Hamburg-Lokalteils der Tageszeitung verkündet wurde. Weil Springer Millionen an Produktionskosten sparen muss, soll neben der Welt kompakt auch die Welt Hamburg – zumindest in gedruckter Form – im kommenden Jahr nicht mehr erscheinen.

Das derzeit 14-köpfige Redaktionsteam soll ausgedünnt werden und diese Rest-Belegschaft ab Anfang 2020 dann unter der Führung des heutigen Redaktionsleiters Jörn Lauterbach Hamburg-Themen für den Online-Auftritt produzieren sowie der Welt am Sonntag zuarbeiten. Über die Details des geplanten Personalabbaus werden Betriebsrat und Geschäftsführung in den kommenden Wochen verhandeln. Auch der Bild und ihren Lokalteilen hat Springer-Chef Mathias Döpfner harte Sparauflagen verpasst.

Das Aus für die Welt Hamburg Vorgang markiert den jüngsten Höhepunkt des hiesigen Zeitungssterbens. Weil die Auflagen und Anzeigenerlöse der gedruckten Lokalmedien seit Jahren dramatisch sinken, haben fast alle Verlagen Redaktionen ausgedünnt oder zusammengelegt. So lässt die Wochenzeitung Die Zeit seit Anfang des Jahres ihren gedruckten Hamburg-Teil nur noch einmal im Monat erscheinen. Und wenn die taz – voraussichtlich ab Anfang 2022 – an Werktagen nicht mehr in gedruckter Form erscheinen wird, betrifft das ja auch den verbliebenen Lokalteil.

Ausnahme „Abendblatt“

Ruhe scheint – derzeit – beim Hamburger Abendblatt zu herrschen, das Springer 2014 zusammen mit der Berliner Morgenpost und einigen Zeitschriftentiteln an die Essener Funke Mediengruppe verkauft hatte. Zwar ging auch hier die verkaufte Auflage seit 1998 um fast die Hälfte zurück, aber es gibt derzeit keine Gerüchte über (weiteren) Personalabbau, eine gefährdete Printausgabe oder gar einen erneuten Verkauf der ganzen Zeitung.

Große Unruhe herrscht dagegen unter den Beschäftigten der Hamburger Morgenpost (Mopo): Im Februar bereits hatte der Der DuMont-Verlag angekündigt, diese und weitere seiner Tageszeitungen bis zum Herbst abzustoßen – offensichtlich finden sich keine daran Interessierten. Die Lage ist vertrackt: Auch die Auflage des kleinformatigen Boulevardblatts sinkt, die Resonanz im Netz hingegen ist erfreulich.

Die lokalen Mopo-AnzeigenkundInnen aber – vom Konzertveranstalter bis zum Autohaus – wollen nicht ohne Weiteres bundesweit im Netz werben, wie es DuMont bislang anbietet. Für nationale Anzeigenkunden wiederum ist so ein lokaler Titel nur im Verbund mit anderen attraktiv. Deshalb galt die Mopo bislang nur im Paket als verkäuflich, etwa mit der Berliner Zeitung und dem Berliner Kurier, die sich konzertiert vermarkten ließen. Die beiden genannten Blätter aber stieß DuMont gerade Mitte September ab – an die Holding eines branchenfremden Berliner Unterneh­merInnenpaars.

Wer einen neuen Job findet oder eine Abfindung aushandeln kann, kehrt der Mopo den Rücken. Nach Vize-Chefredakteur Maik Koltermann, Sportchef Matthias Linnenbrügger und Vermarktungschef Martin Stedler verließ zuletzt auch Chefreporterin Rike Schulz das sinkende Schiff.

„Mopo“-Übernahme durchs eigene Management?

Während andere Verlage bislang noch keine Übernahme-Angebote gemacht haben, wird derzeit über ein sogenanntes Management-Buy-Out verhandelt: eine Übernahme, bei der das Management die Mehrheit von den bisherigen Eigentümern erwirbt. Nach taz-Informationen hat die Geschäftsführerin der Morgenpost Verlag GmbH, Susan Molzow, dem DuMont-Verlag ein Übernahmeangebot unterbreitet. Von einer Einigung sind beide demnach aber weit entfernt. So bleibt offen, ob und wie das schwächelnde Boulevardblatt den HamburgerInnen erhalten bleibt.

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