Gefeilsche um die Hamburger Morgenpost: Zeitung ohne Zukunft

Die Perspektive der Hamburger Morgenpost soll sich im Januar entscheiden. Ihr Verkauf ist geplant, doch niemand will für sie zahlen.

Daumen auf der Bezahl-App eines Smartphones

Die LeserInnen können später zahlen, nur bei der Übernahme des Printprodukts will niemand zahlen Foto: Lukas Schulze/dpa

Hamburg taz | Unter dem Weihnachtsbaum der Belegschaft der Hamburger Morgenpost (Mopo) wird kein Geschenk, aber auch keine negative Überraschung liegen. Nachdem kolportiert wurde, noch vor Weihnachten werde der DuMont-Verlag den verbliebenen Mopo-MitarbeiterInnen verkünden, wie es mit dem Hamburger Traditionsblatt weitergeht, gab es am gestrigen Mittwoch die Rolle rückwärts. Erst „im Januar“, teilte das Kölner Verlagshaus mit, werde über die Zukunft der Mopo entschieden.

DuMont will sich von der Morgenpost und anderen regionalen Tageszeitungen wie der Mitteldeutschen Zeitung trennen. Doch weder für eine Paketlösung noch für einzelne Titel – mit Ausnahme der Berliner Zeitung und des Berliner Kurier – hat DuMont bislang solvente Käufer gefunden. Immer wieder wurde deshalb der Zeitpunkt, an dem eine Veräußerungsentscheidung fallen sollte, verschoben.

Den Plan, die Kölner Tageszeitungen Stadt-Anzeiger und Express abzustoßen, hat der Verlag inzwischen auf­ge­ge­ben, verlautbarte das Medien­unternehmen gestern, ließ die Zukunft der Mopo aber offen.

Die bislang ein­zi­ge bekannte Interessentin für sie ist die langjährige Geschäftsführerin Susan Molzow, die die von ihr geleitete Morgenpost Verlag GmbH im Rahmen eines sogenannten „Management-Buy-Outs“ übernehmen will. Molzow hat für das kleinformatige Boulevardblatt ein Übernahmeangebot abgegeben.

Die Verunsicherung der Mitarbeiterinnen ist groß

Auch in der Altonaer Redaktion der Mopo geht man davon aus, „dass es einen Management-Buy-Out gibt“. Die Verunsicherung ist groß. „Das Fußvolk hier weiß gar nichts und die Großkopferten behaupten auch, dass sie nichts wissen“, beschreibt ein Redakteur, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, die angespannte Situation.

Dass eine Entscheidung immer wieder vertagt wird, hängt damit zusammen, dass der Molzow-Deal für den DuMont-Verlag, der die Mopo und mehrere andere Tageszeitungen 2009 erwarb, nicht lukrativ ist. Nach Brancheninformationen will Molzow das Blatt zu einem “negativen Kaufpreis“ erwerben. Sie verlangt von den DuMont-Gesellschaftern Geld für die Übernahme, anstatt welches zu zahlen. Weder Molzow noch die Kölner DuMont-Zentrale äußern sich derzeit zu den laufenden Verhandlungen.

Dass Molzow von DuMont eine Mitgift verlangen soll, erklärt sich aus den Verlusten vor allem im Print-Bereich. Die Morgenpost Verlag GmbH hat laut aktuellem Eintrag im Bundesanzeiger im Geschäftsjahr 2018 bei sinkenden Umsätzen einen Verlust von knapp zwei Millionen Euro erwirtschaftet.

Zuletzt sank die verkaufte ­Auf­la­ge im zweiten Quartal 2019 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um 12,81 Prozent auf 52.614 Exemplare, davon sind 9.750 E-Paper-Ausgaben. Damit hat sich die Auflage gegenüber 2012 mehr als halbiert. Tendenz weiter fallend.

Die Auflage der „Mopo“ hat sich seit 2012 mehr als halbiert – Tendenz weiter fallend

Da der Online-Auftritt der Morgenpost im Gegensatz zur gedruckten Auflage eine gute Resonanz erfährt und schon seit Jahren hausintern die Strategie „online first“ gilt, befürchten viele MitarbeiterInnen, dass die Print-Ausgabe, die gerade ihr 70-jähriges Jubiläum feierte, bald eingestampft werden soll.

Die Printausgabe der Mopo wird zum Abfallprodukt

„Unsere Website ist mit monatlich über 20 Millionen Visits das reichweitenstärkste regionale Nachrichten-Portal in Norddeutschland“, prahlt Mopo-Chef Frank Niggemeier. Längst gilt die Druckausgabe hausintern nur noch als Abfallprodukt, zu dessen Erstellung möglichst wenig Aufwand und Recherche betrieben werden soll.

Der Betriebsrat aber warnt vor dieser Entwicklung. „Ohne Print gibt es keine Zukunft für die Publizistik der Mopo.“ Das sieht DuMont offenbar genauso. Nach Informationen der Linksfraktion hat DuMont-Mitgeschäftsführer Philipp Froben am Mittwoch erklärt, auch eine Schließung der Mopo sei „vorstellbar“. Der Linkspartei-Abgeordnete Stephan Jersch fordert nun den Verlag, aber auch die Politik auf, „alles zu tun, um die Mopo zu retten“.

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