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Eine Fußballerin für gewisse Momente

Sara Däbritz ist im deutschen EM-Kader die dienstälteste Spielerin. Besondere Ansprüche leitet die 30-Jährige daraus nicht ab

Däbritz ist absolut loyal. Das weiß auch Bundestrainer Christian Wück zu schätzen Foto: imago

Aus Herzogenaurach Frank Hellmann

Von besonderen Momenten könnte Sara Däbritz einiges erzählen. Wer 108 Länderspiele und 8 große Turniere bestritten hat, bringt mit dem deutschen Frauennationalteam zwangsläufig Höhen und Tiefen in Verbindung. Auf den zweiten Teil des EM-Trainingslagers in Herzogenaurach ab Freitag, bevor es dann am Montag ins Basecamp nach Zürich geht, freut sich die dienstälteste Nationalspielerin jedoch wie zu Beginn ihrer National­teamkarriere: „Für mich ist es das Allergrößte, mein Land zu vertreten, jetzt wieder hier zu sein und alles zu geben.“

Die 30-jährige Däbritz hat sich vor allem durch ihren unermüdlichen Einsatz einen Namen in der deutschen Auswahl gemacht. Sie ist zudem eine, die stets freundlich grüßt und sich gerne bedankt. Als sie vor zehn Jahren ihren Ausbildungsverein SC Freiburg verließ, startete sie eine Weltkarriere: Vom FC Bayern ging es zu Paris St. Germain. Von Olympique Lyon geht sie nun zu Real Madrid. Der vierte Arbeitgeber mit globaler Strahlkraft steht zwar klar im Schatten des FC Barcelona, aber genau das will die vielseitige Mittelfeldspielerin ebenso wie Ex-Nationaltorhüterin Merle Frohms mit ihrem Wechsel ändern: „Die Motivation ist, näher ranzukommen und auch mal Titel zu gewinnen.“

Die gebürtige Allgäuerin folgt in Madrid auf ihre langjährige Nationalmannschaftskollegin Melanie Leupolz, die gerade aufgehört hat. Über die Jahre sei „eine gute Freundschaft“ entstanden, es gebe gemeinsame „Erinnerungen fürs Leben“. Dazu gehört, wie beide als Newcomerinnen 2013 mithalfen, den bislang letzten von 8 EM-Titeln zu gewinnen.

An die noch von Bundestrainerin Silvia Neid betreute Endrunde in Schweden erinnert sich Däbritz gut: „Es war ein ganz besonderes Turnier, es gab viele Verletzte, wodurch ich als Küken dazugerückt bin.“ Man habe es damals geschafft, „einen ganz tollen Teamgeist zu erarbeiten – und wir sind dann so durch die komplette EM. Das war unsere größte Stärke“. Danach sehnt sich die harmoniebedürftige Persönlichkeit wieder.

Vor zwölf Jahren übernahmen Neulinge wie Däbritz, Leupolz oder auch Lena Lotzen viel Verantwortung – nach einer holprigen Vorrunde und echten Kraftakten in der K.-o.-Runde gegen Italien (1:0), Schweden (1:0) und schlussendlich Norwegen (1:0) sprang ein Triumph heraus, mit dem kaum jemand gerechnet hatte. Trumpf der deutschen Fußballerinnen waren damals Willensstärke und Zusammenhalt. Auch heute soll niemand wichtiger als das Team sein, wie Däbritz an ihrem Beispiel versichert: „Egal, wie meine Rolle aussehen wird, ich werde sie zu hundert Prozent ausfüllen – ob auf oder neben dem Platz.“

„Egal, wie meine Rolle aussehen wird, ich werde sie zu hundert Prozent ausfüllen“

Sara Däbritz

Einen Stammplatz hat sie im Gegensatz zur EM 2022 und WM 2023 unter Bundestrainer Christian Wück nicht mehr, weil ein bisschen von der früheren Dynamik verloren gegangen ist. In England gab sie das universelle Scharnier im Dreier-Mittelfeld mit der kämpferisch überragenden Lena Oberdorf und der spielerisch brillanten Lina Magull. Doch auch in der Schweiz könnte es gewisse Momente geben, in denen ihre Routine gefragt ist. Bis heute trägt sie die Nummer 13. Aus einem einfachen Grund: „Für mich war immer Michael Ballack mein großes Vorbild als Mittelfeldspieler.“

An ihrer Loyalität gibt es nicht die geringsten Zweifel. Novizen wie Cora Zicai oder Franziska Kett finden bei ihr ein offenes Ohr. Ihre Hochzeit kürzlich bezeichnet sie als ihr „persönliches Highlight“ vor der EM. Däbritz wirkt derzeit auffällig entspannt. Und daran wird sich gewiss auch nichts ändern, wenn sie beim EM-Auftaktspiel gegen Polen am 4. Juli in St. Gallen erst einmal von der Bank aus zuschauen wird.

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