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Einbruch im LouvreMangel an guten Fachkräften auch bei Meisterdieben

Was haben Bundeskanzler Friedrich Merz, die Einbrecher im Louvre und Fachwissen miteinander zu tun? Alles verhält sich zu allem.

Sollte nach dem Raub in Flammen aufgehen: die Hebebühne der Louvre-Diebe, Paris, 19.10.2025 Foto: Jerome Gilles/imago

D ie Ganoven von heute sagen übrigens viel über den Zustand unserer mitteleuropäischen Gesellschaft aus: Das tatsächliche Können verhält sich umgekehrt proportional zur Selbsteinschätzung unserer Fachkräfte. Die Einbrecher, die am vergangenen Sonntag am helllichten Tage in den Louvre in Paris eindrangen, hielten sich zweifelsohne für Meisterdiebe. Wer sonst würde es wagen, in das berühmteste Museum Europas einzudringen?

Doch dann vergaßen sie, den fettesten Klunker, einen 140-Karat-Diamanten namens Regent, mitzunehmen, ließen die Krone von Kaiserin Eugénie auf der Flucht fallen, verloren DNA-Spuren und eine der Warnwesten, die sie zur Tarnung trugen. Und die Hebebühne, die sie für den Überfall nutzten, wollte auch nicht brennen. Es scheint, die Ausbildung zum Meisterdieb entspricht ungefähr dem nordrhein-westfälischen Abitur.

Profis? Die Louvre-Einbrecher ließen die Kaiserin-Krone bei der Flucht fallen

Apropos Nordrhein-Westfalen: Probleme mit der Selbstüberschätzung kennen wir bei unseren Fachkräften in Deutschland auch. Bundeskanzler Friedrich Merz beispielsweise glaubt, dass kraft seines Merz-Seins die Wirtschaft wächst und die AfD sich halbiert. Leider verhält es sich eher umgekehrt.

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Der CDU-Chef hält sich ja auch für eine ausgewiesene Fachkraft für Frauenfragen. Erstens: Er ist mit einer verheiratet. Zweitens: Er hat Töchter. Deshalb kann er sich gut vorstellen, er liefe als Frauen-Fachmann durchs Stadtbild und fühlte sich dabei komisch. Wie gesagt: Das tatsächliche Können verhält sich umgekehrt proportional zur Selbsteinschätzung.

Unter den europäischen Fachkräften existieren allerdings auch Differenzen. Die französischen Diebe hatten immerhin einen Plan, während Merz eher der Typ ist, der sein vermeintliches Fachwissen impulsiv zur Anwendung bringt. Beides funktioniert, nun ja, nicht so gut, wie man es sich gedacht hat.

Doch nicht bei allen Fachkräften ist ein Mangel an Professionalität zu beklagen. Die Firma Böcker, die Lastenaufzüge wie den beim Louvre-Einbruch benutzten herstellt, brauchte nur wenige Tage, um eine kleine Werbekampagne mit dem Hashtag #meinwegnachoben auf die Beine zu stellen. „Wenn’s mal wieder schnell gehen muss“, steht unter dem Foto des am Louvre aufgestellten Aufzugs geschrieben. „Der Böcker Agilo befördert eure Schätze bis zu 400 kg in 42 m/min – flüsterleise.“ Echte Profis eben.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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