Ein Jahr Haft für Erzbischof in Australien: Kindesmissbrauch vertuscht
In den 70er Jahren berichten zwei Kinder einem Priester, dass sie von einem Geistlichen missbraucht wurden. Weil der heutige Erzbischof schwieg, wird er verurteilt.
![Der verurteilte Erzbischof Philip Wilson befindet sich in der Mitte des Bildes. Er verlässt das Amtsgericht in Newscastle. Um ihn herum stehen Reporter, sie halten Mikrofone in seine Richtung. Der verurteilte Erzbischof Philip Wilson befindet sich in der Mitte des Bildes. Er verlässt das Amtsgericht in Newscastle. Um ihn herum stehen Reporter, sie halten Mikrofone in seine Richtung.](https://taz.de/picture/2818611/14/Erzbischof_Australien.jpeg)
Der 67-jährige Wilson ist der weltweit ranghöchste katholische Geistliche, dem wegen der Vertuschung von Kindesmissbrauch der Prozess gemacht wurde. Ihm wurde vorgeworfen, den Missbrauch zweier Ministranten durch einen Priester in den 1970er Jahren nicht der Polizei gemeldet zu haben. Ihm drohten maximal zwei Jahre Haft.
Richter Stone sagte, Wilson habe das Verbrechen gedeckt, weil er die Kirche und ihren Ruf habe schützen wollen. Das gesamte Gemeinwesen sei durch Jahrzehnte des Missbrauchs und der Vertuschung am Boden zerstört. „Wir alle sind schwächer wegen dem, was geschehen ist“, sagte er.
Nach Stones Entscheidung wird die Haftzeit nicht sofort beginnen. Zuerst soll am 14. August entschieden werden, ob Wilson seine Haft möglicherweise unter Hausarrest bei seiner Schwester verbringen kann. Die Staatsanwaltschaft will Wilson im Gefängnis sehen. Seine Verteidiger argumentieren dagegen, der Verurteilte werde die Haftstrafe wegen chronischer Krankheiten womöglich nicht überleben.
Wilson wollte den Ruf der Kirche schützen
Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten Missbrauchsopfer gegen die Kirche, bezeichneten sie als „betrügerische Sekte“ und forderten Wilsons Rücktritt als Erzbischof von Adelaide. Seit dem Schuldspruch im Mai lässt Wilson sein Amt vorerst ruhen, ist aber nicht endgültig zurückgetreten. Daniel Feenan sagte, er selbst wäre in den 80er Jahren nicht Opfer des pädophilen Priesters geworden, hätte Wilson den Fall 1976 angezeigt. Jetzt habe er das Gefühl, ihm sei Gerechtigkeit widerfahren. Andere kritisierten, dass der Erzbischof noch nicht hinter Gittern ist.
Wilsons Kollege Bill Wright zeigte sich enttäuscht. Wilson sei in anderen Fällen durchaus hart gegen Kindesmissbrauch vorgegangen. So habe er sich als Bischof von Wollongong geweigert, einer Entscheidung des Vatikans nachzukommen und einen pädophilen Priester wieder in Dienst zu stellen. Im Interesse der Gerechtigkeit und des Schutzes von Kindern dürfe das jetzt aber keine Rolle spielen, sagte der Bischof von Maitland-Newcastle.
Das Urteil kann als weiterer Schritt im weltweiten Bemühen gewertet werden, die katholische Kirche für Missbrauchsverbrechen an Kindern zur Rechenschaft zu ziehen. Dem obersten Finanzberater von Papst Franziskus, dem ebenfalls aus Australien stammenden Kardinal George Pell, wird vorgeworfen, sich vor Jahrzehnten an mehreren Opfern vergangen zu haben. Er bestreitet das, lässt sein Amt aber ruhen.
Besonders debattiert werden in Australien Geständnisse Pädophiler in der Beichte. Während Priester darauf beharren, dass sie dies als Beichtgeheimnis nicht offenlegen dürfen, hat eine Kommission den australischen Behörden im Dezember empfohlen, Geistliche strafrechtlich zu verfolgen, wenn sie entsprechende Hinweise nicht weitergegeben haben. Im konkreten Fall argumentierte Wilson allerdings nicht mit dem Beichtgeheimnis. Er erklärte vielmehr, sich nicht daran zu erinnern zu können, dass die Messdiener ihm je von dem mutmaßlichen Missbrauch berichtet hätten.
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