Eichinger-Beerdigung als TV-Event: Musste das sein, Sat.1?
Sat.1 überträgt die Trauerfeier für Bernd Eichinger live aus München. Das TV-Event wurde aber dem Leben Eichingers nicht gerecht.
MÜNCHEN taz | Beeindruckend sollte es werden, ausstaffiert mit stimmungsvollen Bildern, ergreifenden Worten und großen Emotionen. Auch das Setting war imposant gewählt: In und um die St.-Michael-Kirche in München versammelten sich Montagvormittag 800 Trauergäste, um Abschied von Bernd Eichinger zu nehmen. Familie, Freunde und Bekannte des Produzenten hatten sich dazu aufgemacht, aus dem Großereignis einen wahrhaft unvergesslichen Sat.1-Event-Movie zu kreieren.
In den Nebenrollen namhafte Promis der Film- und Fernsehwelt, die ihre Trauer mit großer Hingabe zur Schau stellten: mal ganz in Schwarz, wie die Grande Dame des Deutschen Films, Hannelore Elsner, mal in Tränen aufgelöst wie Iris Berben oder hinter dicken Sonnenbrillen verschanzt à la Nina Hoss. Aber auch die Hauptrollen waren exzellent besetzt: Neben Martina Gedeck, Uli Edel, Tom Tykwer und Günther Rohrbach durfte auch Münchens Oberbürgermeister Christian Ude in seiner Trauerrede dem Produzenten die letzte Ehre erweisen und bezeichnete ihn "als großen Repräsentanten des Deutschen Films".
Der Sender hatte eigens den Moderator Stephen Gätjen an die Front geschickt, um live vom roten Teppich der St.-Michael-Kirche zu berichten und O-Töne der Promis einzufangen. "Society-Expertin" Sybille Weischenberg glänzte indes im Studio mit fachkundigem Hintergrundwissen zu Leben und Tod Bernd Eichingers. Schöne, bunte Glamourwelt also, verpackt in ein dreistündiges Medienereignis.
Das Ganze überzeugte jedoch nicht. Natürlich hat die Filmwelt einen großen Wegbereiter des deutschen Films verloren. Dieses abgeschmackte TV-Event wird dem Wirken Eichingers jedoch keinesfalls gerecht, es schafft vielmehr eine noch größere Distanz zwischen ihm und seinem Publikum. Und das ermuntert nicht gerade dazu, über die Zukunft der deutschen Medienlandschaft nachzudenken.
Denn um Größe zu inszenieren, braucht es mehr als belanglosen Promi-Talk, wichtigtuerisches Gehabe und die immer gleichen Filmgesichter. Was hätte wohl Bernd Eichinger gesagt, hätte man ihn nach dem Sinn dieses medial aufbereiteten Staatsakts gefragt? Vermutlich hätte er dem Sender den Geldhahn zugedreht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW