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Ecowas verhängt Sanktionen gegen MaliIm Strudel der Krise

Kommentar von Katrin Gänsler

Die gegen Mali verhängten Sanktionen durch Ecowas sind konsequent. Der Umgang der internationalen Gemeinschaft mit der Junta eher nicht.

Obwohl längst gescheitert, geht der Einsatz weiter: AK-47-Sturmgewehre im EUTM-Ausbildungszentrum Foto: Arne Immanuel Bönsch/dpa/picture alliance

I n Mali hat die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas deutliche Worte gefunden: Sie hat gegen das Land, das seit knapp eineinhalb Jahren von einer Militärjunta regiert wird, scharfe Sanktionen verhängt. Die Maßnahmen sind nachvollziehbar, hält sich die Regierung von Assimi Goïta nicht an die Abmachung, bis Ende Februar Wahlen zu organisieren. Der Fahrplan galt schon als wenig realistisch.

Dass von der Macht begeisterte Militärs, die kaum noch Unterstützung innerhalb der Bevölkerung haben, jedoch politische und strukturelle Reformen vorantreiben und dem Land zu mehr Demokratie verhelfen würden, ist noch unrealistischer. So viel Deutlichkeit wäre auch von der internationalen Gemeinschaft wünschenswert, die alleine im Rahmen der UN-Stabilisierungsmission (Minusma) jährlich zehntausende Sol­da­t*in­nen in den Binnenstaat schickt.

Die Bundeswehr beteiligt sich mit bis zu 1.100 Sol­da­t*in­nen daran sowie mit bis zu 600 an der Ausbildungsmission der Europäischen Union (EUTM). Die Mandate werden Jahr für Jahr verlängert, obwohl der militärische Ansatz längst als gescheitert gilt und sich die Krise über viele tausend Kilometer in die Nachbarstaaten ausgebreitet hat.

Hält die Übergangsregierung daran fest, erst in ein paar Jahren Wahlen zu organisieren, werden sich die internationalen Militär-Missionen nicht mehr legitimieren lassen. Ohnehin macht Goïtas Regierung längst, was sie will, was vor allem der Deal mit der russischen Wagner-Gruppe zeigt. Es ist nicht vereinbar, dass einerseits russische Söldner malisches Militär ausbilden, andererseits europäische Armeen.

Verantwortlich dafür ist die internationale Gemeinschaft aber vor allem selbst. Etwa nach einem Putsch wird dieser „aufs Schärfste verurteilt“; Folgen bleiben jedoch aus. Dabei lässt sich Unterstützung – gemeint ist nicht Nothilfe für Binnenflüchtlinge – an Bedingungen koppeln. Das passiert bei jedem Vertrag. Die Inkonsequenz kann zwei Gründe haben: Die schwere Krise wird einerseits als zu unbedeutend eingestuft. Andererseits traut man sich nicht, deutlicher aufzutreten. Das Ergebnis ist jedoch gleich: Mali strudelt immer tiefer in die Krise.

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Westafrika-Korrespondentin
Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.
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2 Kommentare

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  • Dass das Militär kaum noch Unterstützung in der Bevölkerung hätte, stimmt einfach nicht - sage ich vor dem Hintergrund davon, das ich täglich (im Rahmen des Netzwerks Afrique-Europe-Interact) mit Menschen sowohl in Bamako als auch im Zentrum Malis im engen Austausch stehe. Denn die Bevölkerung will Veränderung, sie will nicht mehr von der gleichen korrupten politischen Klasse regiert werden, die das Land seit den 1990er Jahre immer stärker in den Ruin getrieben hat. Vor diesem Hintergrund haben viele Menschen im Laufe des Dezembers an den Nationalen Versammlungen teilgenommen, die zunächst dezentral im gesamten Land, sodann zentral in Bamako stattgefunden haben (die Nationalen Versammlungen hatten den Zweck, einen Fahrplan für die Übergangsperiode zu formulieren). Insofern meinen die meisten, mit denen ich gesprochen habe (darunter Vertreter:innen der bäuerlichen Basisgewerkschaft COPON im Office du Niger), dass Ihnen drei bis fünf Jahre als Übergang absolut gerechtfertigt erscheinen - gemessen an der Vielfalt und Komplexität der anstehenden Aufgaben. Denn klar ist auch: Wenn jetzt Wahlen stattfinden würden, stünden vor allem Vertreter:innen der etablierten (d.h. abgewirtschaften) Parteien zur Wahl. Insofern ist mit dem Übergang die Hoffnung verknüpft, dass in dieser Zeit neue politische Akteure die Bühne betreten könnten. Über die widersprüchlichen Einschätzungen und die Nationalen Versammlungen habe ich am 23.12.2021 eine Einschätzung unter dem Titel "Widersprüchliche Lage in Mali: Trotz Gewalt und Repression breite Beteiligung der Bevölkerung an nationalen Versammlungen" verfasst: olafbernau.de/2021...len-versammlungen/

    • @Olaf Bernau:

      Dem stimme ich zu.



      War nun das friedliche Absetzen der Regierung IBK im August 2020, ohne jegliches Blutvergießen und nach Monaten von Demonstrationen, eine friedliche Revolution (so werden ja andere Aufbegehren der Bevölkerung eines Landes genannt: Ukraine, Belarus,...) oder wirklich ein Militärputsch? Malis Bevölkerung hat die Machtübernahme durch General Assimi Goita mit Freuden begrüßt. Auch aktuell sieht ein großer Teil der Bevölkerung keine Möglichkeit, im jetzigen Zustand des Landes eine demokratische Wahl durchzuführen. Man steht ganz hinter ihm. Zunächst müssen Stabilität geschaffen und Korruption bekämpft werden. All das traut man der jetzigen militärischen Übergangsregierung zu. Klar, die Regierungshäupter der benachbarten westafrikanischen Länder haben Angst, dass ihnen Ähnliches passieren könnte. Die Bevölkerung könnte sich ja ein Beispiel an Mali nehmen. Die Maßnahmen der ECOWAS zur Isolierung Malis werden das Land weiter in den Abgrund stürzen, statt der Demokratie des Landes zu helfen. (PS: Ich habe Familie und Freunde in Mali und höre ständig deren Meinungen zu dem Thema. Es gibt eine große Unterstützung für die jetzige Übergangsregierung.)