piwik no script img

Ebola-Tagebuch - Folge 43Den Präsidenten kritisieren? Verboten

Seit sechs Tagen sitzt in Sierra Leone ein bekannter Radiojournalist ohne Anklage in Haft. Grundlage: Der Ebola-Ausnahmezustand.

Trauerfeier für Ebola-Toten, Freetown, Sierra Leone. Bild: dpa

BERLIN taz | David Tam-Baryoh ist einer der bekanntesten Journalisten in Sierra Leone. Seine Talkshow „Monologue“ auf seinem Radiosender Citizen FM übt oft scharfe Kritik an der Tagespolitik. Jetzt nicht mehr: Seit vergangenen Montag sitzt Tam-Baryoh in Haft – ohne Anklage, aufgrund der Ebola-Notstandsbefugnisse des Staatschefs.

Polizisten in Zivil holten Tam-Baryoh am Montag aus seinem Sender ab und brachten ihn am Dienstag in eine Krankenstation im Hochsicherheitsgefängnis Pademba Road in der Hauptstadt Freetown. Ein Besucher sagte, es gehe ihm gesundheitlich schlecht und er könne nicht stehen.

Am 1. November war die Monologue-Talkshow mitten in der Sendung abgeschaltet worden. Berichten zufolge hatte Tam-Baryoh einen Oppositionspolitiker interviewt, der den Präsidenten sowohl wegen seiner Ebola-Politik kritisierte als auch wegen seines unterstellten Wunsches, für eine dritte Amtszeit zu kandidieren – ein heikles Thema in der Region seit dem Sturz von Präsident Blaise Compaoré in Burkina Faso aus genau diesem Grund.

In seiner Sendung habe Tam-Baryoh „herablassende und aufhetzende Äußerungen getätigt, die unsere kollektiven Bemühungen als Nation gegen Ebola in keiner Weise unterstützen“, sagte Generalstaatsanwalt Franklyn Kargbo am Freitag. „Seine Unterstellung, dass die jüngsten Ereignisse in Burkina Faso in Sierra Leone wiederholt werden sollten, waren nicht nur geschmacklos, sondern auch ein Versuch, Unruhe zu stiften.“

Aufgrund des seit 31. Juli geltenden Ausnahmezustands kann Präsident Ernest Bai Koroma Festnahmen ohne Grund und auf unbestimmte Zeit anordnen. Am Mittwoch bekräftigte der Präsident, der Ausnahmezustand sei „nach wie vor in Kraft“ und man werde jetzt dafür auch die Armee einsetzen.

Die Affäre kommt, während Sierra Leone zum Sorgenkind der internationalen Ebola-Bekämpfung wird, weil die Fallzahlen so schnell steigen. Den jüngsten WHO-Zahlen vom 7. November zufolge waren bis dahin in Sierra Leone 4.862 Menschen an Ebola erkrankt und davon 1.130 gestorben. Pro Woche kommen 400 Neuinfektionen dazu.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • ein "Tage"buch ist des jetzt freilich nicht mehr... darf die Epidemie wohl also als ueberstanden betrachtet werden, gell?