piwik no script img

Eagles Of Death Metal geben InterviewDas Leben verteidigen

Die Band Eagles Of Death Metal kündigt an, wieder im Bataclan zu spielen. Das von „Vice“ veröffentlichte Video-Interview ist umstritten

„Ich möchte mein Leben lachend mit meinen Freunden verbringen“: Jesse Hughes. Foto: dpa

Am Ende steht eine gute Nachricht und das eindeutige Signal, sich nicht kleinkriegen zu lassen. „Ich kann’s kaum erwarten, wieder zurück nach Paris zu kommen. Ich will, dass wir die erste Band sind, die wieder im Bataclan spielt“, erklärt Jesse Hughes, Sänger der Eagles Of Death Metal (EODM), der in den nun veröffentlichten Aufnahmen die meiste Zeit erschüttert, vielleicht traumatisiert, gen Boden schaut.

Auch Bandgründer und Queens-of-the-Stone-Age-Sänger Josh Homme – er war in Paris nicht dabei – nimmt, bei aller Betroffenheit, den Jargon der Terroristen auf und erklärt, man werde auch Leute „rekrutieren“, um das Leben, das sie leben und wie sie es leben, zu verteidigen.

Das Magazin Vice hat am Mittwochabend – vier Tage, nachdem man mit einem Trailer ankündigte, die Eagles Of Death Metal würden sich in einem Exklusivinterview äußern – ein knapp dreißigminütiges Video veröffentlicht, in dem fünf Bandmitglieder und ihr Toningenieur zu Wort kommen (Gitarrist Dave Catching – der ZZTop-Lookalike – fehlt). Sie sprechen darin über den direkten Tathergang, über ihre Betroffenheit und ihr Mitgefühl für die Familien.

Doku-Fiction

Die Inszenierung des Interviews, geführt von Vice-Gründer Shaun Smith selbst, ist umstritten. Als Vice den Ankündiger (“Coming soon“) veröffentlichte, war die Kritik in den sozialen Medien, es fehle dem Onlinemagazin an Pietät, man nutze die Situation aus.

Das Gespräch wirkt nun fast wie im Doku-Fiction-Stil inszeniert; die Bandmitglieder sitzen auf dem Sofa, Drummer Julian Dorio ist per Stream zugeschaltet. Smith sitzt ihnen gegenüber und bohrt nach, als wäre er vor Gericht, und stellt das Geschehen dar, als sei es eine mythenumwobene Begebenheit.

Voyeuristisch, zunächst unwirklich wirken die Aufnahmen des zusammengekauert auf dem Sofa hängenden Hughes, in T-Shirt und mit Hosenträgern, der unruhig ist und stets den Tränen nahe. Er spricht etwa davon, wie Merchandise-Mann Nick Alexander deshalb starb, weil er andere Besucher schützen wollte.

Die Bandmitglieder schildern derweil, wie man zu fliehen versuchte, wie die Terroristen bis zur Garderobe vordrangen und wie man in einer Hilflosigkeit zerschlagene Champagnerflaschen als Waffe einsetzen wollte.

Blindes Um-sich-schießen

Soundtechniker Shawn London, der hinter der P. A. nah am Eingang des Clubs stand, sah die hereinstürmenden und blind um sich ballernden („slaughter“, „random“, sagt London) Angreifer zuerst. Erst, als diese „Allahu akbar“ gerufen hätten, sei ihm klargeworden, was passiert. Sie hätten auf ihn gezielt, ihn aber verfehlt. „Ich dachte erst, es wäre die P.A., die durchknallt“, sagt Eden Galindo, Gitarrist, „dann erkannte ich schnell, dass es nicht so war.“

Bandgründer Josh Homme sagt, er wünsche sich, er könne mit den Familien und den Freunden der Opfer sprechen. Was er ihnen sagen würde? Eigentlich gebe es „nichts, was ich wirklich sagen kann. Worte versagen, um die Dinge zu begreifen.“ Aber das sei okay so.

Musik könnte immerhin helfen: Homme ruft in dem Video Musiker aus aller Welt auf, den Eagles Of Death Metal-Song „I love you all the time“ zu covern – ganz egal, welchen Musikstil man spiele. Die Erlöse aus den Verkäufen dieser Coverversionen sollen den Opfern zugute kommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Was soll jetzt an dem Interview umstritten sein? Jens Uthoff behauptet dies in Headline und Anreissertext, liefert im Artikel aber keine Perspektive. Das hätte er sich auch schenken können.

    • @CäptnTrips:

      Also ehrlich gesagt finde ich dieses Kritisieren von Menschen die ein traumatisierendes Erlebsnis gehabt haben und egal wie damit umgehen, langsam unerträglich. Man muss sich mal eben vorstellen, dass es für die Meisten von uns nicht an der Tagesordnung ist, aus nächster Nähe zu sehen, wie Menschen abgeknallt werden und dann auch noch von seiner eigenen Todesangst in so einer Situation getrieben zu sein. Jesse Hughes ist ja sichbar fertig mit den Nerven. Ich kenne ihn nicht und weiß nicht, ob er sonst auch so ein Nervenwrack ist. Jedenfalls wirkt es auf mich nicht, als würden sie jetzt in irgendeiner Form die Situation für sich nutzen. So etwas kann für mich nur jemend aus ferner Distanz zur Situation, also jemand, der so eine Situation noch nicht im entferntesten selbst erlebt hat behaupten und zusätzlich nicht wirklich mit der Gabe der Empathie ausgestattet ist. Ich vermisse auch eine Stellungnahme. Ich finde den Text auch absolut überflüssig und fast so als wolle der Autor mal eben noch ne Welle der Kritik lostreten.

    • @CäptnTrips:

      absolute zustimmmung! immerhin wurden die eagles of death metal sicherlich nicht gezwungen sich diesem interview zu stellen.

      ich mag es mir nicht vorstellen, welche schrecklichen dinge diese menschen erlebt haben, aber ich könnte mir vorstellen, dass es auch eine art von traumabewältigung sein könnte.

      ein sehr bewegendes interview wie ich finde, welches weder falsche noch richtige fragen stellt - imho kann man diese auch gar nicht als aussenstehender.

      love, peace and death metal!