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EU plant RekordhaushaltZwei Billionen Euro, die die Mitgliedstaaten spalten

Von der Leyen will ehrgeizigsten EU-Haushalt aller Zeiten. Deutschland lehnt ab: „Nicht vermittelbar“. 100 Milliarden sind für die Ukraine eingeplant.

Mehr Geld benötigt: Kommissionschefin Von der Leyen stellt den Mehrjährigen Finanzrahmen der EU vor Foto: dpa

Brüssel afp | Die EU-Kommission hat in ihrem Entwurf für den EU-Haushalt ab 2028 eine Erhöhung der Finanzmittel auf rund zwei Billionen Euro vorgeschlagen. Der nächste sogenannte Mehrjährige Finanzrahmen (MFR) werde der „ehrgeizigste sein, der je vorgeschlagen wurde“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel. Mit den höheren Ausgaben will die EU die Wirtschaft im Wettlauf mit den USA und China unterstützen und die Kredite aus der Corona-Pandemie zurückzahlen. Die Bundesregierung lehnt den Entwurf in seiner jetzigen Form ab.

Die von der EU-Kommission geplante deutliche Erhöhung des Haushalts sei „nicht vermittelbar in Zeiten, in denen alle Mitgliedsstaaten erhebliche Anstrengungen zur Konsolidierung der nationalen Haushalte unternehmen“, erklärte Regierungssprecher Stefan Kornelius am Mittwochabend in Berlin. „Daher werden wir den Vorschlag der Kommission nicht akzeptieren können.“

Kornelius betonte, Europa stehe „vor historischen Herausforderungen, auf die der nächste Finanzrahmen eine Antwort geben“ müsse. Die Europäische Union müsse ihre „Wettbewerbsfähigkeit verbessern und verteidigungsbereit werden“, so dass Europa „global handlungsfähig“ sei. Die Bundesregierung störte sich laut ihrem Sprecher auch an der von der EU-Kommission vorgeschlagenen zusätzlichen Besteuerung von Unternehmen. Dieses Vorhaben finde „nicht unsere Unterstützung“, machte Kornelius deutlich.

Zustimmung gab es hingegen für den grundsätzlichen Reformansatz der EU-Kommission und „die Ausrichtung des Haushalts auf neue Prioritäten“. „Dieser Kurs ist richtig, um Europa stark zu machen für die Zukunft“, erklärte der Sprecher von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).

Verteidigung und Raumfahrt im Fokus

Der Haushaltsentwurf sieht mit 451 Milliarden Euro unter anderem höhere Ausgaben für den Bereich Wettbewerbsfähigkeit vor, mit denen Investitionen etwa in saubere Technologien, Digitaltechnik und Biotechnologie getätigt, aber auch die Wissenschaft gefördert werden sollen. Für den Bereich Verteidigung und Raumfahrt sind im Wettbewerbsfonds 131 Milliarden Euro vorgesehen.

Die beiden bisher größten Posten für Landwirtschafts- und Regionalförderung sollen zusammengefasst werden. Sie sollen im größten Topf des neuen Haushalts für den Zeitraum von 2028 und 2034 aufgehen, einem Fonds für Nationale und Regionale Partnerschaften in Höhe von 865 Milliarden Euro. Auch der Sozialfonds sowie die Finanzmittel für Migration und Innere Sicherheit will die Kommission dem neuen Fonds zurechnen.

„Wir sichern 300 Milliarden Euro zur Unterstützung der Einkommen der Landwirte“, sagte von der Leyen. Das würde weniger Geld für die Landwirtinnen und Landwirte bedeuten als bisher. Die Mitgliedsländer können die Agrarmittel theoretisch aufstocken, das könnte wiederum auf Kosten der ebenfalls im Vorschlag mit weniger Ressourcen ausgestatteten Regionalförderung gehen.

Fonds für Ukraine

Die Kommission schlug zudem einen Unterstützung-Fonds für die Ukraine in Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro vor. Es handele sich um ein „langfristiges Bekenntnis zum Wiederaufbau“ der Ukraine, sagte Handelskommissar Piotr Serafin bei der Vorstellung des Budgets im EU-Parlament.

Der Entwurf sieht eine Straffung von 52 auf 16 Programme zur Verteilung der Finanzmittel vor. Damit sollen laut von der Leyen „viele Redundanzen und Überschneidungen“ vermieden werden. Das bedeutet auch: Die nationalen Regierungen müssten künftig umfangreichere Pläne für ihre Ausgaben vorlegen, die in Brüssel abgesegnet würden.

Für die EU-Mitgliedsstaaten würde der Haushaltsentwurf trotz Kürzungen und Zusammenlegung einzelner Finanztöpfe höhere Ausgaben bedeuten. Nach Angaben der Kommission entsprechen die Aufwendungen 1,26 Prozent des europäischen Bruttonationaleinkommens. Im aktuellen Haushalt sind es 1,13 Prozent, das entspricht einem Haushaltsumfang von 1,2 Billionen Euro für die Jahre 2021 bis 2027.

Die höheren Ausgaben sind unter anderem auf die europäischen Kredite aus der Corona-Pandemie zurückzuführen, die ab 2028 zurückgezahlt werden müssen. Das befristete, schuldenfinanzierte Konjunkturprogramm NextGenerationEU in Höhe von bis zu 800 Milliarden Euro war aufgesetzt worden, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie zu bekämpfen.

Die Vorschläge sind Grundlage für die Verhandlungen zwischen den 27 EU-Ländern und dem Europaparlament in den kommenden zwei bis drei Jahren. Aus dem Parlament kam umgehend Kritik: Der von der Kommission vorgeschlagene Haushalt reiche nicht aus, um sowohl die Rückzahlung des Corona-Konjunkturprogramms „als auch die angemessene Finanzierung neuer Prioritäten wie Verteidigung und Wettbewerbsfähigkeit neben den traditionellen Prioritäten wie Landwirtschaft und Kohäsion zu gewährleisten“, kritisierte der konservative Abgeordnete Siegfried Muresan, der für das Parlament die Verhandlungen führt.

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7 Kommentare

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  • Jetzt möchte also eine nicht demokatisch eingesetzte Kommision bestimmen wie das Geld verteilt wird! Toll - die Kommision, die Jahre braucht umRegeln zu erschaffen. Z,B Temu und Co. Anstatt die Landesüblichen MwSt und Einfuhrzollsätze festzulegen wird hier jahrelang geprüft. Da haben wohl einige Mitarbeiter Angst, das sie arbeitslos werden wenn sie zu einem Ergebniss kommen,



    Dafür werden die Mitarbeiter des Handels arbeitslos weil der Chinamüll ohne Abgaben eingeführt werden darf.

  • Wenn es überhaupt noch eines weiteren Beleges dafür gebraucht hätte, hier liefert Mme.UvdL ihn zum wiederholten Mal selbst . Dass solch ein Projekt nur auf Widerspruch treffen kann, das sollte einem mittelmäßigen Hauptschüler schon klar sein. Will sie damit Aktionismus andeuten? Vielleicht sogar ein Konzept? Sie kann's nicht, sie kann's nicht usw. usw.

  • War doch z.T. die selbe Bundesregierung, die für sich selbst 2 Billion Schulden für gut vermittelbar hielt

  • Knapp 50 % mehr Budget - das ist mal eine Forderung. Bezahlt werden soll es durch neue Fantasieabgaben für Unternehmen, das sind quasi umgedrehte Zölle. Um zu verstehen wie damit die Wettbewerbsfähigkeit mit China und den USA steigt, muss man wohl ein EU-Bürokrat sein.

  • "... aller Zeiten...": Jetzt geht dieser Blödsinn in der TAZ auch schon los. Zu "allen Zeiten" gehört auch die Zukunft, über die der Autor gar nichts wissen kann. Oder wird hier ernsthaft angenommen, diese Summe würde niemals übertroffen werden?

    • @Josef 123:

      Das echauffieren über Worthülsen ist jetzt aber auch kein sonderlich Neuer Hut mit Seltenheitswert.



      Nach ihrer Logik könnte man den Satz nie anwenden - niemand kennt die Zukunft.



      Aber Jeder weiß was damit gemeint ist.



      Bei Sprache geht es um Verständlichkeit und nicht um Logik.



      Btw ist das alles was ihnen zu den Thema einfällt?

      • @Das B:

        Erstens: Die taz ist eine Zeitung zur Vermittlung von Nachrichten. Damit liegt der taz auch der Auftrag zugrunde nur faktenbasiert zu berichten. Die Phrase "aller Zeiten" kann die Zeitung nicht belegen, und ist dementsprechend eben kein Fakt. Darunter leidet am Ende dann die Glaubwürdigkeit der taz.

        Zweitens: Ich kenne die zugrundeliegende Logik von Josef 123 nicht, erkenne aber in seiner Aussage keine absolute Verneinung der Phrase "aller Zeiten". Wenn man etwas faktisch richtiges aussagt, dann sollte es ja auch in allen Zeiten richtig sein. Ebenso kann man den Ausdruck in der Zeitung bei Glossen, Karikaturen, Kommentaren, als ausgewiesenes Zitatbestandteil usw. verwenden. Nur als Faktenbehauptung, die man tatsächlicherweise nicht belegen kann, ist er in einer Zeitung ein No-Go.

        Drittens: Für die Aussage, daß jeder wisse, was damit gemeint sei, haben Sie bestimmt mehr als nur eine gefühlte Wahrheit vorzuweisen, z.B. wissenschaftliche Studien, die Sie hier veerlinken könnten.

        Viertens: Bei Sprache geht es eher nicht um Verständlichkeit (Mit vielen Worten wenig sagen.). Es ist vielmehr ein Mittel um Ziele durchzusetzen.