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EU-Subventionen für ElektromobilitätEs braucht nachhaltige Batteriefabriken

Europa fördert Werke für Elektromobilität, die Umweltstandards reißen. Das Know-how bleibt in Asien. ExpertInnen fordern eine neue Subventionssystematik.

Auch eine deutsch-chinesische Batteriekooperation: VW-Gotion in Salzgitter Foto: Julian Startenschulte/dpa

Berlin taz | ACC in Rheinland-Pfalz, Northvolt in Schleswig-Holstein, S-Volt im Saarland: All diese Batteriefabrikprojekte scheiterten zuletzt oder wurden aufgeschoben. Dabei sind sich Fachleute einig, dass eine Batterieproduktion in Europa fundamental ist, wenn die hiesige Automobilindustrie überleben will. Allerdings werden in der EU bislang Projekte gefördert, die Umweltstandards reißen und zudem dazu führen, dass die Investoren aus China oder Südkorea die Technologie bei sich be­halten. Dies zeigt eine Studie der Nichtregierungsorganisation Transport & Environment (T&E).

„Europa muss mehr sein als die verlängerte Werkbank der internationalen Batteriegiganten“, sagt T&E-Geschäftsführer Sebastian Bock. Die EU-Kommission müsse deshalb „sicherstellen, dass nicht nur Kapital, sondern auch Wissen und Technologie in Europa bleiben.“

Derzeit werden laut T&E 90 Prozent aller Batterien für Elektroautos und Stromspeicher in der EU von Herstellern aus Asien gebaut. 40 Prozent der bis 2030 in Europa geplanten Produktionsstätten gehören chinesischen oder südkoreanischen Unternehmen. Diese Dominanz bleibe, wenn sich die Ansiedlungspolitik in der EU nicht grundsätzlich ändert, so T&E.

So sei bei zwei EU-chinesischen Partnerschaften „kein langfristiger Kompetenztransfer“ vereinbart worden, heißt es in der Untersuchung. Das sind VW-Gotion in Göttingen und CATL-Stellantis im spanischen Saragossa. Im Fall der Firma Gotion ist das besonders verwunderlich: Volkswagen hält seit 2020 über ein Viertel der Anteile des chinesischen Unternehmens. Know-how werde aber kaum zwischen den Partnern ausgetauscht, so T&E. Volkswagen sehe die Gotion-Beteiligung hauptsächlich als Mittel, um die Versorgung mit modernen Lithium-Eisenphosphat-Batterien (LFP) zu sichern.

Kein nachhaltiger Technologietransfer

Auch in Spanien ist kein nachhaltiger Technologietransfer geplant. Hier hat das Joint Venture zwischen dem europäischen Autobauer Stellantis und dem chinesischen Batterieriesen CATL dennoch knapp 300 Millionen Euro staatliche Beihilfen zur Herstellung von LFP-Batterien erhalten. Die Zusammenarbeit sei aber, so T&E, ausschließlich „auf die kurzfristige Sicherung der Batterienachfrage ausgerichtet“.

Ein Fehler, findet Bock. Die Fördersystematik der EU müsse „vom Kopf auf den Fuß gestellt werden“, um das zu ändern. Subventionen bekäme dann in Europa nur noch, wer auch einen Technologietransfer zusichert. „Es geht um eine Umkehrung dessen, was China vor 30 Jahren gemacht hat, um Unternehmen ins Land zu holen“, betont Bock. Eine der Bedingungen, um in dem kommunistischen Land investieren zu dürfen, war damals die Kooperation mit staatlichen Firmen – um das Wissen der westlichen Konzerne im Land zu halten. VW ging damals mehrere Joint Ventures in China ein.

Ein weiterer Punkt für Bock ist die Forderung, lokale Zulieferer an der Produktion zu beteiligen, wie beim gigantischen US-Subventionsprogramm Inflation Reduction Act (IRA). Diese „Local Content“-Regeln seien „sinnvoll“, findet auch Kerstin Meyer, Fahrzeug-Expertin beim Thinktank Agora Verkehrswende.

Und sagt: „Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur E-Mobilität in Europa.“ Dazu gehört auch ihrer Ansicht nach eine Neuausrichtung der Strategie für die Ansiedlung chinesischer Konzerne, die europäischen bei der Batterietechnologie derzeit weit überlegen sind. Einig sind sich Bock und Meyer auch dabei, dass die Subventionssystematik geändert werden muss: „In den USA wird pro ausgestoßenem Produkt, in Europa pro Projekt gefördert, so Bock. Das mache die Finanzierung viel schwerer. Nicht „bankable“, meint er.

Besser Batterien aus Europa

Auch bei den Umwelt- und Sozialstandards in der Batterieproduktion dürfe es keinen Wettlauf nach unten geben, betont Bock. Dies zeige ein weiterer Aspekt der T&E-Untersuchung. So erhielten Batteriefabriken von CATL in Ungarn und LG Energy Solution in Polen zwar staatliche Beihilfen in Höhe von 900 Millionen Euro, die von der EU genehmigt wurden. Aber: Beide Projekte verstoßen gegen die EU-Richtlinie über Industrie­emis­sionen, da sie Grenzwerte für NMP überschreiten. NMP ist ein Gift, das bei der Kathodenherstellung zum Einsatz kommt. Im ungarischen Werk gibt es auch Kritik an unzureichender Wasseraufbereitung und Energieversorgung. Über miese Arbeitsbedingungen werden laut T&E aus beiden Werken berichtet.

„Es ist aus Umweltsicht wahrscheinlich besser, wenn eine Batterie in Europa hergestellt wird, als anderswo“, sagt WWF-Rohstoff- und Batterieexpertin Esther Laabs. Dafür sorgten der tendenziell grünere Strommix sowie eine relativ umfassende Gesetzgebung. Die Regeln müssten aber auch angewandt werden.

Es bestehe „die Gefahr, dass Europa zu einem Montagezentrum verkommt“, warnt T&E-Geschäftsführer Bock. Er fordert daher eine „umfassende Strategie für Batterie-Lieferketten“ von der EU-Kommission. Anfang März soll diese als Teil des EU-Aktionsplans für den Automobilsektor vorgestellt werden.

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1 Kommentar

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  • Die SPD unterstützt ja lieber die Stahlindustrie, die FDP meint man kann ja alles irgendwo einkaufen und die CDU will Fusionskraftwerke auf dem Mond bauen. Die einzige Strategie hatten die Grünen, wurden aber ausgegrenzt.



    Es ist klar, dass das Milliarden kostet analog zum IRA in den USA. Mit der Schuldenbremse geht es nicht. Das ist klar.



    Also, wird zumindest in Deutschland nicht kommen und wir deindustrialisieren weiter vor uns hin.



    Danke für nichts.