EU-Migrations-Deal mit Ägypten: Millionen für Grenzgewalt
Mit ihrem Migrations-Deal mit Ägypten exportiert die EU ihre Grausamkeit in einen Drittstaat – und das nicht zum ersten Mal.
E rst letzte Woche beobachteten wir aus unserem Flugzeug, wie libysche Milizen versuchten, ein Schnellboot von Ärzte ohne Grenzen im Mittelmeer zu kapern. Piraterie? Ja. Aber eben auch: europäische Grenzpolitik. Denn diese libysche Miliz, die im Mittelmeer auf Menschen schießt und Boote von NGOs zu entführen versucht, agierte von einem Boot, geschenkt von der italienischen Regierung. Und sie wird durch die EU finanziell unterstützt.
ist Sprecherin der Seenotrettungsorganisation Sea-Watch.
Ebenso unterstützt wird die tunesische Regierung, deren Präsident seit seinem Amtsbeginn langsam, aber sicher jegliche demokratischen Strukturen auflöst. Ihr versprach die EU Hunderte Millionen Euro – im Gegenzug für Grenzgewalt. Die Todeszahlen auf dem Mittelmeer waren 2023 so hoch wie seit 2017 nicht mehr. An der tunesisch-libyschen Grenze starben unter den Augen der Öffentlichkeit Dutzende Menschen in der Wüste und fast 80.000 wurden durch die tunesische Küstenwache zurück nach Tunesien entführt.
Wir beobachten jeden Tag die konkreten Auswirkungen der zahlreichen Externalisierungsabkommen der EU. Abkommen, die unsere Außengrenzen in Orte der Verbrechen gegen die Menschlichkeit verwandeln.
Der neueste Deal mit dem ägyptischen Diktator al-Sisi wird dabei keine Ausnahme sein. 200 Millionen Euro wurden ihm versprochen, wenn er die ägyptisch-libysche Grenze und die Mittelmeerküste für flüchtende Menschen verriegelt. Neben weiteren Milliardenzahlungen für die wirtschaftliche Stabilität des Landes. Ganz abgesehen davon, dass die ägyptische Regierung seit 2017 sowieso schon 60 Millionen Euro aus dem 'Emergency Trust Fund for Africa’ bekommt, um Personen an ihrer Flucht zu hindern.
Nur: Menschen haben sich historisch betrachtet schon immer Migrationswege erkämpft. Deshalb wird auch Ursula von der Leyen verstehen müssen, dass der einzige Weg, um das Sterben im Mittelmeer zu beenden, sichere und legale Fluchtwege sind. Auf ihrer politischen Agenda scheinen jedoch ganz andere Überlegungen eine Rolle zu spielen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid