EU-Kommission will weniger Pestizide: Landwirte sollen weniger spritzen
Die Mitgliedsländer müssen den Einsatz von Ackergiften bis 2030 um 50 Prozent senken. Das besagt ein Verordnungsentwurf der EU-Kommission.
Jährlich werden in der EU laut Behörden rund 350.000 Tonnen Wirkstoffe eingesetzt, die Kulturpflanzen vor Schädlingen und Krankheiten schützen sollen. Rückstände finden sich in Böden, Wasser und Lebensmitteln sowie im menschlichen Körper. Pestizide tragen auch dazu bei, dass immer mehr Pflanzen- und Tierarten aussterben.
Deshalb will die EU-Kommission dem Entwurf zufolge, dass jeder Mitgliedstaat die eingesetzte Pestizidmenge bis 2030 im Prinzip um mindestens 50 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre von 2015 bis 2017 senkt. Wenn ein Land schon davor den Einsatz stärker als der EU-Durchschnitt reduziert und zum Beispiel neue Schädlinge erwartet, sollen auch minus 25 Prozent reichen.
Professionelle Anwender wie Landwirte müssen laut dem Entwurf künftig in einer amtlichen Datenbank jeden Pestizideinsatz eintragen und begründen. Die Mitgliedstaaten sollen für die wichtigsten Kulturpflanzen artspezifische Regeln festlegen, damit Pflanzenschutzmittel nur verwendet werden, wenn sich das nicht vermeiden lässt.
Naturschutzverbände verhalten zufrieden
In „sensiblen Gebieten“ wie Naturschutzflächen oder städtischen Grünanlagen sollen keine Pestizide benutzt werden dürfen. Ausnahmegenehmigungen sollen möglich sein, wenn keine Alternative mit geringerem Risiko verfügbar ist.
All diese Vorschriften will die EU-Kommission per Verordnung festgelegt wissen – also nicht wie bislang durch eine Richtlinie, die die Mitgliedstaaten erst in nationales Recht übertragen müssen. Die bisherige Richtlinie zum nachhaltigen Einsatz von Pestiziden hätten mehrere EU-Länder mangelhaft umgesetzt, so die Kommission.
„Dass nun erstmals verbindliche Reduktionsziele sowohl auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene festgelegt werden sollen, ist ein großer Schritt vorwärts“, schrieb der taz Verena Riedl, Referentin für Biodiversität und Ökotoxikologie des Naturschutzbunds (Nabu). „Aus unserer Sicht wäre eine verpflichtende Reduktion von 50 Prozent des Pestizidrisikos bis 2030 aber auch auf nationaler Ebene festzuschreiben.“
Die Mitgliedstaaten sollten das Ziel einhalten, selbst wenn sie den Pestizideinsatz in der Vergangenheit stärker als im EU-Durchschnitt reduziert haben.
„Damit diese Verordnung positive Auswirkungen hat, muss noch einiges passieren“, erklärte Sarah Wiener, österreichische Grünen-Abgeordnete im Europa-Parlament. Ihr gehen die Einsatzverbote nicht weit genug, die Regeln sind ihr zu lax. Wiener forderte zum Beispiel „Pufferzonen um Einrichtungen wie Schulen oder Kindergärten, in denen der Einsatz von Pestiziden endgültig verboten wird“. Das sei nötig, um die Gesundheit von Kindern zu schützen.
Bauernverband kritisiert Vorschlag
„Diese Vorschläge der EU sind völlig überzogen und helfen vor allem weder der Biodiversität noch der Pflanzengesundheit“, teilte dagegen der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken, der taz mit. „Die deutschen Landwirte haben den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln schon seit Jahren reduziert und werden dies auch weiter tun.“ Dazu brauche es aber nicht den „populistischen Rasenmäher“, sondern wissenschaftlich unterlegte, gezielte Maßnahmen. „Pauschale Reduktionsziele widersprechen dem Grundsatz eines gezielten und präzisen Pflanzenschutzes.“
Die Europäische Kommission will am 23. März ihren Vorschlag, der bis dahin noch geändert werden kann, offiziell vorlegen. Danach müssen EU-Parlament und -Rat über den Text beraten.
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