EU-Hilfe für Griechenland: „Die meinen das ernst“
EU-Kommission, IWF und Euro-Finanzminister halten das Reformprogramm für ausreichend. Das muss nun detailliert ausgearbeitet werden – in zwei Monaten.
BRÜSSEL taz | Ende gut, alles gut? Überraschend schnell haben die Finanzminister der Eurogruppe am Dienstag den Reformplan der griechischen Regierung abgenickt. Überraschend positiv fielen die Urteile der Experten aus. „Sie meinen es sehr ernst“, lobte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. „Wir sind besonders ermutigt durch das starke Engagement im Kampf gegen Steuervermeidung und Korruption“, freute sich die EU-Kommission.
Damit geht eine dreiwöchige Zitterpartie zu Ende, die zum Rauswurf des hochverschuldeten Landes aus dem Euro hätte führen können. Vor allem zwischen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und seinem griechischen Amtskollegen Janis Varoufakis wurde es brenzlig. Sie konnten nicht einmal mehr allein in einem Raum sitzen – so groß waren die persönlichen und politischen Spannungen.
Doch nun ist sie da: die Reformliste, die Schäuble und andere Hardliner in der Eurogruppe gefordert hatten – als Beweis für die Vertrauenswürdigkeit der griechischen Regierung. Wie gewünscht schreibt sie bereits erfolgte Kürzungen, Privatisierungen und andere soziale Grausamkeiten fest. Und wie erwartet baut sie auf dem umstrittenen Memorandum auf, das die EU der konservativen Vorgängerregierung aufoktroyiert hatte.
Einen Bruch mit dem „Programm“ und der verhassten Troika hat Varoufakis also nicht erreicht, ganz im Gegenteil: Plötzlich ist die Troika, die nun „die Institutionen“ heißt, sein bester Verbündeter. EU-Kommission und Internationaler Währungsfonds IWF gaben nicht nur als Erste grünes Licht. IWF-Chefin Christine Lagarde forderte sogar einen stärkeren Akzent auf Wachstum.
Tatsächlich enthält der Reformplan nun ein Wachstumskapitel. Darin erhält Athen sogar das Recht, noch nicht begonnene Privatisierungen zu überprüfen. Aber bereits begonnene Verkäufe müssen abgeschlossen werden; andere wachstumsfördernde Maßnahmen enthält das Kapitel nicht. Ähnlich schwach fällt das Programm gegen die humanitäre Krise aus. Viel mehr als die Ausgabe von Essensmarken für die Ärmsten haben Varoufakis und sein Premier Alexis Tsipras nicht erreicht.
Korsett gelockert
Vermutlich werden sie das dennoch als Erfolg verkaufen. Doch davon, dass die Griechen wieder „Koautoren“ ihrer Politik wären, wie Varoufakis angekündigt hatte, kann aus Brüsseler Sicht keine Rede sein. Bestenfalls haben sie das Korsett der Auflagen ein wenig gelockert.
Es könnte aber schon bald wieder enger geschnürt werden. Einige nationale Parlamente, darunter der Bundestag, müssen das Gesamtpaket noch absegnen. Die Abgeordneten könnten diese Gelegenheit nutzen, Nachbesserungen – also neue Auflagen – zu fordern. Zudem muss der Reformplan nun noch detailliert ausgearbeitet werden.
Nur zwei Monate, bis Ende April, hat die Regierung in Athen dafür Zeit. Dann könnte es wieder zum Schwur kommen. Die Einigung bedeute nicht, „dass wir diesen Reformen zustimmen“, mahnte Währungskommissar Pierre Moscovici. Es fehlten „klare Zusicherungen, dass die Regierung beabsichtigt, die Reformen umzusetzen“, warnt der IWF. Dabei ist es wohl noch keiner Regierung dieser Welt gelungen, ein Reformprogramm in nur acht Wochen umzusetzen. Doch nur bei Vollzug fließen auch wieder Hilfskredite.
Ende gut, alles gut? Nein, denn das Schuldendrama ist noch nicht zu Ende. Das räumt sogar EU-Kommissar Moscovici ein: Europa habe eine Krise vermieden, so der Franzose. Es lägen aber noch „viele Herausforderungen“ vor allen Beteiligten. Spätestens Ende Juni stehen die nächsten Krisentreffen an – dann nämlich läuft das nun verlängerte Programm aus.
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