EU-Gipfel in Brüssel: Keine neuen Russland-Sanktionen
In zwei wichtigen Punkten konnten sich EU-Staats- und Regierungschefs nicht einigen: einem Sanktionspaket gegen Russland und dem Israel-Assoziierungsabkommen.

Verteidigung
Auf dem Nato-Gipfel hatten sich die Teilnehmer geeinigt, die Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. In Brüssel ging es nun um die Umsetzung dieses Ziels. Drei Stunden diskutierten die Staats- und Regierungschefs am Donnerstag über die Aufrüstung Europas. Im Ergebnis forderten sie einen beschleunigten Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten sowie ein schnelleres Voranschreiten bei gemeinsamen Rüstungsprojekten. Sie riefen zudem dazu auf, weiter am Ausbau der Produktion in der europäischen Rüstungsindustrie zu arbeiten, „einschließlich mittelständischer Unternehmen“.
Nahost
US-Präsident Donald Trump hatte sich beim Nato-Gipfel in Den Haag für die Waffenruhe im Krieg zwischen Israel und dem Iran feiern lassen. Die Europäer waren dabei weitgehend Zuschauer. Nach der „Einstellung der Feindseligkeiten“ bieten sie nun ihre Hilfe bei den „diplomatischen Bemühungen“ an, um „eine dauerhafte Lösung der iranischen Nuklearfrage herbeizuführen“.
Das strittige Thema war jedoch Israels Vorgehen im Gazastreifen. Das von mehreren EU-Staaten geforderte Aussetzen des Assoziierungsabkommens mit Israel scheiterte am Donnerstag unter anderem am Veto Deutschlands und Österreichs. Nach Ansicht der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas hat Israel gegen Artikel zwei dieses Abkommens verstoßen, der die Achtung der Menschenrechte erwähnt. Der Europäische Rat kündigte lediglich an, die Beratungen über mögliche Maßnahmen im Juli fortzusetzen.
Russland
Die EU will den Druck auf Russland durch ein 18. Sanktionspaket erhöhen. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht weitere Maßnahmen gegen einzelne Menschen und Organisationen sowie gegen die sogenannte Schattenflotte vor, mit der Moskau das im Zuge des Ukraine-Kriegs verhängte Öl-Embargo umgeht. Eine Einigung auf das Paket scheiterte am Donnerstag allerdings am slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico. Der stört sich an einem Vorschlag der EU-Kommission, den Import von russischem Gas bis 2027 zu verbieten, und fordert Zugeständnisse von der EU-Kommission. Die Staats- und Regierungschefs einigten sich lediglich darauf, die bestehenden Sanktionen zu verlängern.
Ukraine
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zum Dauergast bei EU-Gipfeln geworden. Am Donnerstag war er dem Treffen per Video zugeschaltet. In der Gipfelerklärung bekräftigt die EU ihre Unterstützung für die Ukraine und deren Beitritt zur EU. Wie bereits bei vorherigen Ukraine-Erklärungen wurde sie nur von 26 der 27 Mitgliedsstaaten mitgetragen. Ungarns russlandfreundlicher Regierungschef Viktor Orban ist gegen einen EU-Beitritt Kiews.
Zölle
In zwei Wochen läuft die jüngste Frist ab, die US-Präsident Trump für die geplante Erhebung neuer Zölle gesetzt hatte. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) forderte die EU-Kommission erneut auf, rasch einen Kompromiss zu vereinbaren. Er plädierte dafür, möglichst schnell Vereinbarungen zu den wichtigsten Industriebranchen zu treffen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderte ebenfalls einen „baldigen Abschluss“ eines Abkommens mit den USA – „aber nicht um jeden Preis“, fügte er hinzu.
Migration
Merz nahm am Donnerstag als erster Bundeskanzler an einem informellen Treffen zum Thema Migration teil, zu dem Dänemark, Italien und die Niederlande eingeladen hatten. Der Kanzler hat sich eine „Migrationswende“ auf die Fahnen geschrieben.
Wettbewerbsfähigkeit und Klima
Frankreich hat Berichte zurückgewiesen, die europäischen Klimaziele ausbremsen zu wollen. Das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 gelte unverändert. Es müsse jedoch darauf geachtet werden, die Wettbewerbsfähigkeit Europas nicht zu schmälern. Dazu zählt Paris auch die Gleichstellung von Atomenergie mit erneuerbaren Energien, insbesondere mit Blick auf die Finanzierung künftiger Vorhaben.
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