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EU-Fangquote für Nordsee und AtlantikWeniger Hering und Kabeljau

Die EU senkt die Quoten für Nordsee und Nordostatlantik. Umweltschützern geht das nicht weit genug, der deutsche Fischereiverband protestiert kaum.

Nächstes Jahr haben deutsche Heringe eine größere Chance, im Wasser zu bleiben Foto: ap

Hamburg taz | Umweltschützern geht die Senkung der neuen EU-Fangquoten für die Nordsee und den Nordostatlantik nicht weit genug. „Wir brauchen großflächige Schutzgebiete in der Nordsee und im Nordostatlantik“, sagt Thilo Maack, Meeresexperte von Greenpeace. Vier von zehn Fischpopulationen in diesen Gebieten seien überfischt. Das werde sich durch die neuen Fangquoten der EU für 2019 nicht ändern.

Die EU hat sich verpflichtet, bis 2020 alle eigenen Bestände auf ein nachhaltiges Niveau zu bringen, sagt Heike Vesper, Direktorin des WWF-Meeresschutzprogramms. Um das zu erreichen, „muss zwingend weniger gefangen werden“, fordert Vesper.

Die Kritik der Umweltverbände fällt harsch aus angesichts der Tatsache, dass die EU-Fischereiminister am Mittwochmorgen in Brüssel durchaus kräftige Reduzierungen der Fanghöchstmengen beschlossen haben. Für deutsche Fischer in der Nordsee verringert sich die Quote für die beliebtesten Speisefische drastisch: für Hering um 40 Prozent, für Kabeljau um 35 Prozent, für Makrele um 20 Prozent und für Scholle um 12 Prozent. Nur für Seelachs wurde eine Erhöhung der Fangmenge um 16 Prozent im nächsten Jahr genehmigt.

„Diese harten Schnitte sind notwendig, damit wir auf Nachhaltigkeitskurs bleiben“, sagt Hermann Onko Aeikens (CDU), Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, das für Fischfang zuständig ist. Auch die eher zurückhaltende Reaktion des Deutschen Fischereiverbandes lässt ahnen, dass die Fischer sich des bisherigen Raubbaus an den Beständen bewusst sind.

Fischbestände erholen sich nur schlecht

„Das sind harte Einschnitte“, sagt Verbandssprecher Claus Ubl. Aus bislang unbekannter Ursache sei die Nachwuchsproduktion beim Hering in den vergangenen Jahren schlecht gewesen. Beim Kabeljau habe es zwar lange nach einer Erholung der Bestände ausgesehen, dennoch seien die Quoten in den vergangenen Jahren „zu hoch für eine nachhaltige Bewirtschaftung“ gewesen, räumt Ubl ein.

Jährlich legen die EU-Staaten die Fangmengen für die Nordsee und den Nordostatlantik fest sowie die Verteilung auf die Mitgliedsstaaten. Grundlage sind wissenschaftliche Empfehlungen des Internationalen Rats für Meeresforschung (ICES) in London. Bislang wurden dessen Empfehlungen jedoch von den EU-Ministern meist überschritten.

So hatte die EU-Kommission im November den ICES-Vorschlag für 89 Bestände übernommen, die künftig nachhaltig befischt werden sollten. Der Ministerrat reduzierte diese Zahl nun auf 59 – zu wenig, kritisiert Lasse Gustavsson, Europa-Chef der internationalen Meeresschutzorganisation Oceana. Das sei „ökonomisch und ökologisch töricht“.

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2 Kommentare

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  • Kein Wunder, dass kaum Protest der Fischereiindustrie kommt: wenn man die Quoten nur den gerade noch verfügbaren Fangmengen anpasst dürfte es kaum zu Einnahmeverlusten kommen, da eh nicht mehr geht.

    Wir brauchen weltweit grossräumige Schutzgebiete, die auch vom Ökosystem her für eine Regeneration tauglich sind, d.h. fischtyp-angepasste Lebensräume mit "Kinderstuben" und Nahrungsangebot, einschliesslich natürlichen Kreisläufen wie Fressfeinde und Abfallverwerter.

  • Die Gier nach Fisch und Fleisch ist verheerend. Als Ernährung braucht der Mensch beides nicht. Die Tierquälerei auch bei Fischen ist schlimm. Diese werden an Bord geworfen, von der Auflast der Artgenossen zerquetscht, ersticken und sterben qualvoll.



    Würde der Mensch endlich sich von seiner angeborenen Empathie leiten lassen gäbe es all die Umweltprobleme mit Massentiervernichtung nicht.



    Und genau dieses Grauen landet auch beim "Fest der Liebe", Weihnachten auf dem Tisch.