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EU-Außenminister für SanktionenMinsk und Moskau im Visier

Die Europäische Union plant neue Sanktionen. Sie richten sich gegen den belarussischen Diktator Lukaschenko und gegen russische Nawalny-Tatverdächtige.

Außenminister Maas beim Treffen in Brüssel mit seinen Kollegen aus Frankreich und Luxemburg Foto: Janine Schmitz/photothek/imago

Brüssel taz | Zwei Monate nach der manipulierten Präsidentschaftswahl in Belarus will die EU nun auch Sanktionen gegen Machthaber Alexander Lukaschenko und sein direktes Umfeld verhängen. Darauf haben sich die EU-Außenminister bei einem Treffen am Montag in Luxemburg geeinigt.

Allerdings dürften noch einige Tage vergehen, bis die Strafen – Reiseverbote und Sperrung von Vermögen – in Kraft treten. Möglicherweise könne es beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag so weit sein, hieß es in Brüsseler Diplomatenkreisen.

Beim letzten Gipfeltreffen vor zwei Wochen war nach einem wochenlangem Streit eine Sanktionsliste beschlossen worden, auf der vierzig Schergen des Lukaschenko-Regimes standen. Der Diktator selbst befand sich jedoch nicht darauf. Die belarussische Demokratiebewegung reagierte enttäuscht. Nun will die EU nachbessern und auch Lukaschenko ins Visier nehmen.

Für eine Ausweitung der Sanktionsliste hat sich unter anderem der deutschen Außenminister Heiko Maas (SPD) stark gemacht. „Die Gewalt geht weiter. Es gibt nach wie vor Verhaftungen von friedliebenden Demonstranten“, erklärte der SPD-Politiker in Luxemburg. Dafür sei der belarussische Präsident verantwortlich.

Russland-Sanktionen wegen Chemiewaffen

Die Außenminister verständigten sich auch grundsätzlich auf neue Sanktionen gegen Russland. Diese wurden mit dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny begründet. Man habe sich darauf verständigt, mit den notwendigen Vorbereitungen zu beginnen, erklärten EU-Diplomaten am Montag in Luxemburg. Allerdings fehlt offenbar noch das endgültige grüne Licht aller 27 EU-Staaten.

Die geplanten neuen Russland-Sanktionen gehen auf einen deutsch-französischen Vorschlag zurück. Demnach will die EU vor allem einen Verstoß gegen die Verwendung von Chemiewaffen bestrafen.

Nawalny ist nach Angaben der Bundesregierung mit einem Gift der Nowitschok-Klasse vergiftet worden. Dieses Ermittlungsergebnis wurde von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen OPCW bestätigt.

Sollte es zu EU-Sanktionen kommen, so dürften sie zunächst der Tat verdächtigte Geheimdienst-Mitarbeiter treffen. Von einem Stopp der auch in der EU umstrittenen deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 ist hingegen keine Rede mehr.

Die Bundesregierung hatte sich geweigert, den Fall Nawalny mit Nord Stream 2 in Verbindung zu bringen, und die Strafdebatte zur EU delegiert. Offenbar mit Erfolg.

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2 Kommentare

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  • Gibt es auch einen Nutzen dieser neuen Sanktionen? Sicher! Sie machen, ohne es im Klartext auszusagen, unmissverständlich, dass die eigenen Dienste balastbare Informationen darüber vorliegen haben, wer genau für den Mordversuch auf Nawalny verantwortlich ist. Das jedenfalls muss man für die EU hoffen. Denn wenn nicht, dann ist das ein Bluff und der steht den Verträgen entgegen, nach denen ein Verstoß gegen die Chemiewaffenkonvention durch mindestens einen Vertragsstaat der OVCW der Un-Generalversammlung oder dem UN-Sicherheitsrat angzeigt und durch letzteren nach Verifikation sanktioniert werden muß. Dieses Prozedere fehlt allerdings bislang. Und so riecht das jetzige Vorgehen nach Lynch-Justiz. Das ist das Dilemma mit Geheimdiesten und ihren Quellen. Sie taugen für eine offene Beweisführung nicht, da diese die Wege der Informationsbeschaffung offenlegen würden. Also läuft das über die Presse auf beiden Seiten ab, wobei die jeweilige Bevölkerung die Jury sein soll. Nutzen? Zweifelhaft.

  • Negative Sanktionen haben sehr viele Schwächen. Sie lösen automatisch Gegensanktionen aus. Nun liegt ein Gegenstand des Schacherns auf dem Tisch. Ist ein Preis akzeptiert, werden Sanktionen schrittweise wieder abgebaut. Das zugrunde liegende Problem ist nicht gelöst, es hat jetzt nur ein Preisschild. Wenn man 20 mal ohne Ticket geparkt hat, dann einen Zettel an seiner Windschutzscheibe findet, der einen zur Zahlung von 10,- € auffordert, hat man bereits gutes Geld gegenüber denen gespart, die brav jedes mal 2,- € für ein Ticket bezahlt haben. So ist das mit Sanktionen. Rechnet man den "Wert" der bisherigen Sanktionen gegen Russland gegen den Gesamtwert der sanktionierten Verstöße auf (offen: Annexion der Krim, Wiederherstellung der Herrschaft des Assad-Regimes; weniger offen: Lösen wichtiger Leimstellen "westlicher" Demokratien, Lähmung politischer Opposition in Russland, Durchsetzung einer Präsidial-Diktatur auf Lebenszeit Putins), wird sehr schnell deutlich, wie sehr sich das "Schwarzparken" des Kremel auszahlt. Somit werden Sanktionen schlicht zum kalkulierbaren Risiko. Ein weiterer Nachteil ist der "paradoxe Erziehungseffekt", den jeder Mensch, der mit Kindern arbeitet, kennt: Das sich störend betragende Kind bekommt überproportional viel Aufmerksamkeit und wird besonders gelobt und belohnt, wenn es einmal etwas Selbstverständliches macht, nämlich keinen Scheiß zu bauen, während die, die immer brav sind, für den gleichen Verzicht aufs Scheißebauen keine Beachtung erfahren. Damit hat das störende Kind den Ball in der Hand. Beträgt es sich wieder schlecht, ist ihm die Belohnung für das nächste Bravsein bereits sicher. Sanktionen zeigen sehr klar, dass man eigentlich nichts in der Hand hatte, um im Vorfeld den politischen Zug des "Gegenspielers*" zu verhindern. Sie sind das wütende "Hinschmeißen" der Schachfiguren, nachdem man einen unliebsamen Zug des Gegners* nicht verhindern konnte. Und damit hat der Gegner* gewonnen.

    *alle Geschlechter gemeint