EU-Außengrenze in Estland: Grenzwertige Aktion bei Nacht

Ein Teil der estnisch-russischen Grenze verläuft im Fluss Narva. Jetzt haben russische Grenzschützer estnische Bojen entwendet.

Blick auf den Fluss Narva

Estnisch-russische Grenze bei Narva Foto: Konstantin Sednev/imago

BERLIN taz | Der Geschäftsträger der russischen Botschaft in Estland, Lenar Salimullin, hatte am Freitag ein spontan anberaumtes Treffen im Tallinner Außenministerium. Der Diplomat war einbestellt worden, um zu einem Vorfall in der Nacht zu Donnerstag dieser Woche Stellung zu nehmen.

Tatort: Der Fluss Narva. Hier verläuft ein Teil der Staatsgrenze zwischen Estland und Russland, die damit gleichzeitig EU-Außengrenze ist. Laut Außenministerium sollen russische Grenzschutzbeamte 25 von Estland installierte Bojen aus der Narva gestohlen haben.

Man betrachte das Geschehen als einen „provokativen Zwischenfall an der Grenze, der „gut in ein umfassenderes Muster provokativen Verhaltens Russlands passt – auch an seinen Grenzen zu seinen Nachbarn“, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums.

Laut des Leiters der estnischen Polizei- und Grenzschutzabteilung Egert Belitšev, den das estnische Webportal Postimees zitiert, seien die Bojen installiert worden, damit den Menschen am Fluss klar sei, wo die Grenze verlaufe. Jetzt hätten die russischen Grenzschützer diese Demarkationslinie verletzt, dennoch sei niemand von estnischer Seite eingeschritten.

Plötzlich im Gefängnis

„Es ist nicht auszuschließen, dass die Bojen durch Wellen und Strömungen bewegt werden könnten, so dass durch unser Eingreifen irgendwann die Gefahr entstehen könnte, dass wir uns auf der Seite Russlands befinden. Wir können nicht riskieren, dass einer von uns plötzlich in einem russischen Gefängnis landet“, so Belitšev.

Der Leiter der Grenzabteilung der Ostpräfektur Estlands, Erik Purgel, erklärte, dass bis 2022 im Einvernehmen zwischen der estnischen und der russischen Seite jedes Frühjahr Bojen im Fluss verankert worden seien. Nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sei die Zusammenarbeit jedoch eingestellt worden.

Auf der Grundlage eines 2022 abgeschlossenen bilateralen Staatsgrenzvertrages und einer Vereinbarung über den Einsatz von Bojen hätten estnische Grenzschutzbeamte beschlossen, im Alleingang Bojen zu verlegen. Die offizielle Begründung dafür habe gelautet, die Grenzlinie müsse markiert werden, um Fischern und Touristen zu helfen, nicht versehentlich russisches Territorium zu betreten.

Am 13. Mai dieses Jahres hatte Estland damit begonnen, die ersten 50 von insgesamt 250 Bojen zu installieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte Moskau bereits zu Protokoll gegeben, mit den Plätzen von 125 Bogen nicht einverstanden zu sein.

Wie der Konflikt gelöst wird, ist unklar. „Wir haben gegenüber dem russischen Geschäftsträger klar zum Ausdruck gebracht, dass derartige Schritte provokativ und inakzeptabel sind und wir eine Erklärung für die Entfernung der Grenzbojen sowie ihre sofortige Rückgabe verlangen“, sagte der estnische Außenminister Margus Tsahkna nach dem Gespräch. Bislang gibt es von russischer Seite keine offizielle Reaktion zu diesem Vorfall.

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