piwik no script img

Estland und Russlands KriegSpannungen unter Nachbarn

Estland und Russland weisen gegenseitig Botschafter aus. Grund ist ein Streit um diplomatisches Personal. Tallinn will dies drastisch reduzieren.

Auch die Regierung in Estland will Personal abbauen: Estlands Botschaft in Moskau am Dienstag Foto: Alexander Zemlianichenko/ap

Berlin taz | Auge um Auge, Zahn um Zahn: In Russland wird es demnächst keinen Botschafter Estlands mehr geben, im Gegenzug wird dessen russisches Pendant den baltischen Staat verlassen. Die gegenseitige Aktion soll bis zum 7. Februar umgesetzt werden. Das estnische Regime bekomme jetzt, was es verdiene, kommentierte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Zacharowa, den Schritt.

Dort war Estlands Botschafter am Montag einbestellt worden, um eine entsprechende Protestnote entgegenzunehmen. Darin war unter anderem von „totaler Russophobie“ und der „Kultivierung von Feindseligkeit“ in den Beziehungen zu Russland die Rede. Als Beispiel für jüngste unfreundliche Schritte gegenüber Russland wird Tallinns Forderung vom 11. Januar genannt, die Anzahl russischer Botschafts­bediensteter in Estland radikal zu verringern.

Demnach sollen ab dem 1. Februar nur noch 8 russische Diplomaten (aktuell 21) und 15 weitere Personen (jetzt 23) für Verwaltung, Technik und Wartung in Tallinn bleiben dürfen. „Angesichts der Tatsache, dass das Personal der russischen Botschaft unter den Bedingungen des Angriffskrieges nicht an der Entwicklung der estnisch-russischen Beziehungen beteiligt ist, glauben wir, dass die Größe der russischen Vertretung nicht gerechtfertigt ist“, sagte Außenminister Urmas Reinsalu.

Ihm zufolge hat Estland seit Beginn des russisch-ukrainischen Krieges die bilateralen Beziehungen zu Moskau auf ein Minimum reduziert. Russische Konsulate in Narva und Tartu wurden geschlossen und drei russische Diplomaten wegen subversiver Aktivitäten ausgewiesen.

Als Zeichen der Solidarität mit Estland will auch Lettland das Niveau der diplomatischen Beziehungen zu Russland herunterfahren. Das kündigte Außenminister Edgars Rinkēvičs auf Twitter an und nannte zur Begründung die „anhaltende brutale Aggression Russlands gegen die Ukraine“.

Einreiseverbot für Rus­s:in­nen

Seit Beginn des Angriffkriegs am 24. Februar 2022 haben sich die Beziehungen zwischen Russland und den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen stetig verschlechtert. Nach einem Einreiseverbot für Rus­s*in­nen mit einem Schengen-Visum hatte das estnische Parlament im Oktober die Annexion ukrainischen Territoriums verurteilt. Zudem waren „das russische Regime zu einem terroristischen Regime und die Russische Föderation zu einem staatlichen Sponsor des Terrorismus“ erklärt worden.

In der vergangenen Woche hatte neben anderen westlichen Ländern auch Estland erneut Militärhilfen für die Ukraine angekündigt. Tallinn übergebe alle seine 155-mm-Haubitzen an die Ukraine, teilte der ukrainische Generalstab am Montagmorgen unter Berufung auf den estnischen Botschafter in Kyjiw, Kaimo Kuusk, mit.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare