EU-Afrika-Treffen in Brüssel: Afrika etwas zurückgeben
Die Zukunft hier hängt auch von Frieden und Wachstum in Afrika ab. Die EU sollte ihre zahlreichen Versprechen an den Kontinent einlösen.

Südafrikas Präsident Ramaphosa und EU-Ratspräsident Michel am 17. Februar in Brüssel Foto: Olivier Hoslet/reuters
So groß die Differenzen beim großen Treffen von Afrika und der EU diese Woche in Brüssel im Einzelnen auch gewesen sein mögen – in einem waren sich die Gipfelausrichter und die Gäste letztlich einig: Ohne den jeweils anderen kommen sie auf die Dauer nicht aus. Und das ist mehr, als es zunächst scheint. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa formulierte es so: Es sei an der Zeit, „dass die Kolonisatoren dem Kontinent etwas zurückgeben.“ Die Frage ist: Was?
Auf afrikanischer Seite war die Wut in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Zum gebrochenen Versprechen, dem Sterben im Mittelmeer mit legalen Zugangswegen entgegenzutreten, war die Behandlung des Kontinents in der Coronapandemie getreten. Der anhaltende Widerstand der EU gegen eine befristete Aufhebung des Impf-Patentschutzes war dessen offensichtlichstes Symbol.
Verschärft hatte die Missstimmung der Afrikanischen Union das auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow jüngst ebenfalls gebrochene Versprechen der Industriestaaten, verbindliche Zusagen für die anvisierten 100 Milliarden Euro jährlich für Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen zu machen. Für die Hungersnöte in West- und Ostafrika, die Angriffe der Dschihadisten im Sahel, unter denen viele Millionen Menschen schwer leiden, war da kaum noch Sichtbarkeit übrig.
Doch für alle diese Felder gilt: Ohne europäische Unterstützung wird es nicht gehen. Und auch für Europa wird es keine Zukunft in Frieden und Wohlstand geben, wenn es Afrika nicht ebenfalls zu einer solchen verhilft. Die „Allianz“, die die EU anbietet, soll ganz wesentlich auf Investitionen gründen. Tatsächlich braucht Afrika kaum etwas mehr. Wirklich etwas nützen werden diese allerdings nur dann, wenn die Investoren ihre Gewinne auch vor Ort versteuern, wie es in der Schlussakte des Gipfels durchzusetzen versprochen wird.
Bisher trägt die EU dazu bei, dass die im globalen Süden erwirtschafteten Profite oft unversteuert abfließen. Doch die bombastische Summe – „150 Milliarden!“ –, die die EU-Vertreter fast wie Sprechautomaten in den vergangenen Tagen rund um den Gipfel immer wiederholten, ist ein noch längst nicht gedeckter Scheck. Das meiste davon wird nur fließen, wenn private Gewinne winken. Und in den besonders zahlreichen armen afrikanischen Ländern ohne kaufkräftige Mittelschicht ist das nicht der Fall.
Sie sind weiter auf Hilfe angewiesen. Die EU aber dampft ihre Entwicklungszusammenarbeit ein, um europäischen Investoren den Weg auf Afrikas Märkte abzufedern und sich gleichzeitig Gefügigkeit bei der Migrationskontrolle zu erkaufen. Das ist nicht das, was es Afrika „zurückgeben“ sollte.
EU-Afrika-Treffen in Brüssel: Afrika etwas zurückgeben
Die Zukunft hier hängt auch von Frieden und Wachstum in Afrika ab. Die EU sollte ihre zahlreichen Versprechen an den Kontinent einlösen.
Südafrikas Präsident Ramaphosa und EU-Ratspräsident Michel am 17. Februar in Brüssel Foto: Olivier Hoslet/reuters
So groß die Differenzen beim großen Treffen von Afrika und der EU diese Woche in Brüssel im Einzelnen auch gewesen sein mögen – in einem waren sich die Gipfelausrichter und die Gäste letztlich einig: Ohne den jeweils anderen kommen sie auf die Dauer nicht aus. Und das ist mehr, als es zunächst scheint. Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa formulierte es so: Es sei an der Zeit, „dass die Kolonisatoren dem Kontinent etwas zurückgeben.“ Die Frage ist: Was?
Auf afrikanischer Seite war die Wut in den vergangenen Jahren immer größer geworden. Zum gebrochenen Versprechen, dem Sterben im Mittelmeer mit legalen Zugangswegen entgegenzutreten, war die Behandlung des Kontinents in der Coronapandemie getreten. Der anhaltende Widerstand der EU gegen eine befristete Aufhebung des Impf-Patentschutzes war dessen offensichtlichstes Symbol.
Verschärft hatte die Missstimmung der Afrikanischen Union das auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow jüngst ebenfalls gebrochene Versprechen der Industriestaaten, verbindliche Zusagen für die anvisierten 100 Milliarden Euro jährlich für Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen zu machen. Für die Hungersnöte in West- und Ostafrika, die Angriffe der Dschihadisten im Sahel, unter denen viele Millionen Menschen schwer leiden, war da kaum noch Sichtbarkeit übrig.
Doch für alle diese Felder gilt: Ohne europäische Unterstützung wird es nicht gehen. Und auch für Europa wird es keine Zukunft in Frieden und Wohlstand geben, wenn es Afrika nicht ebenfalls zu einer solchen verhilft. Die „Allianz“, die die EU anbietet, soll ganz wesentlich auf Investitionen gründen. Tatsächlich braucht Afrika kaum etwas mehr. Wirklich etwas nützen werden diese allerdings nur dann, wenn die Investoren ihre Gewinne auch vor Ort versteuern, wie es in der Schlussakte des Gipfels durchzusetzen versprochen wird.
Bisher trägt die EU dazu bei, dass die im globalen Süden erwirtschafteten Profite oft unversteuert abfließen. Doch die bombastische Summe – „150 Milliarden!“ –, die die EU-Vertreter fast wie Sprechautomaten in den vergangenen Tagen rund um den Gipfel immer wiederholten, ist ein noch längst nicht gedeckter Scheck. Das meiste davon wird nur fließen, wenn private Gewinne winken. Und in den besonders zahlreichen armen afrikanischen Ländern ohne kaufkräftige Mittelschicht ist das nicht der Fall.
Sie sind weiter auf Hilfe angewiesen. Die EU aber dampft ihre Entwicklungszusammenarbeit ein, um europäischen Investoren den Weg auf Afrikas Märkte abzufedern und sich gleichzeitig Gefügigkeit bei der Migrationskontrolle zu erkaufen. Das ist nicht das, was es Afrika „zurückgeben“ sollte.
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Kommentar von
Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek). Bis Februar 2021 als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg.
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