ESC, EVG und Elon Musk: Die Züge fahren doch

Die Bahner verzichten auf ihren Streik, Elon Musk will nicht mehr Twitter-Chef sein, aber Robert Habeck will an Patrick Graichen festhalten.

Der blaue Twittervogel und ein seitliches Porträt des Millardärs Elon Musk

Elon Musk gibt nach wenigen Monaten seinen Posten als Twitter-Chef wieder ab Foto: Dado Ruvic

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: ESC-Fans sagen: Der deutsche Beitrag.

Und was wird nächste Woche besser?

Selenski sagt: Der deutsche Beitrag.

Die Eisenbahnergewerkschaft EVG wollte ab heute schon wieder streiken – länger als je zuvor in diesem Jahr. Haben wir hier bald Zustände wie in Frankreich?

Dass Züge hier so pünktlich fahren und Lokführer so gut bezahlt werden wie in Frankreich? Keine Angst. Hier konnte das Arbeitsgericht Frankfurt einen Streik abbiegen und die Parteien zum Kompromiss verdonnern. In Frankreich lappen Streiks gern auch über Tarifkonflikte hinaus, das allgemeine Streikrecht ist dort älter als Gewerkschaften und Tarifkämpfe und hat Verfassungsrang. So gab es in Frankreich auch zivilgesellschaftliche Aufstände gegen ruinöse Reformpläne. Die Deutschen bestreiken die Bahn subversiv, indem sie Auto fahren, sinnfrei herumfliegen oder im Zug das Personal anmosern. Da sind wir genügsam, wenn wir ausreichend zu nörgeln haben.

Elon Musk hat seinen Rückzug als Twitter-Chef angekündigt. Wen sähen Sie gerne auf dem Posten?

ZDF-Intendant Norbert Himmler ließ im Februar durchblicken, mit Schweizer, belgischen und kanadischen Partnern an etwas zu arbeiten, das auf gar keinen Fall „öffentlich-rechtliches Twitter“ heißen solle. Aber ein bisschen so sein. Die dunkle Verliebtheit in die dämonische Vaterfigur Musk beschämt gerade auch die klügeren Diskursteilnehmer, da wallt und schwallt der vordemokratische Kindertraum von einer Führerperson, die es richten möge. Bullshit. Twitter ist eine Waffe, ein irrer Narziss wurde damit US-Präsident, und wer es reformieren möchte, liest zum Frühstück auch Traktate der Zeugen Jehovas, wo Lamm und Löwe einträchtig miteinander spielen. Wenn es heute noch eine Begründung für gesellschaftlich kontrollierte Massenmedien gibt, dann ist es die globale Macht „sozialer Netzwerke“. Dagegen ist ein bisschen Parteienspaß im Fernsehrat eher so Schülermitverwaltung. Liest man nach, wer auf Himmlers Idee Hass kübelt, kann sie so schlecht nicht sein.

Die SPD-geführten Länder und der Bund zeigen sich mit dem Ergebnis des Migrationsgipfels der vergangenen Woche zufrieden. Den CDU-geführten Ländern reicht die Finanzspritze nicht. Einig sind sich alle nur, dass der Zuzug nach Deutschland stärker kontrolliert werden soll. Kriegt Europa nun noch mehr Zäune und Mauern?

Kanzler Scholz hat ’ne Milliarde in die Parkuhr geworfen und holt die verfahrene Karre im November ab. Bis dahin folgt die Bundesregierung weiter den Abschottungsplänen der EU, also Abschiebungen, Haft, mehr „sichere Drittstaaten“. Das Ganze steht weiter im Widerspruch zur Hilfsbereitschaft vieler Menschen hier. Wie schon zu Angela Merkels Zeiten fehlt es an Initiative und Ideen des Gesetzgebers, private Hilfe staatlich zu unterstützen. Vulgo: Noch immer kann man einen Dienstporsche leichter steuerlich durchtricksen als, sagen wir mal, einen Syrer.

Robert Habeck will an der Person Graichen festhalten. Ist die Kampagne der Union gegen Habeck und seinen in Verruf geratenen Staatssekretär verlogen?

„Rotation“ und „Trennung von Amt und Mandat“ waren Kernideen der Urgrünen – und damals schon: Politik gewordene Absage an Kungelei, Lobbyismus, Seilschaften. Vieles davon erwies sich im parlamentarischen Alltag als sperrig, kostete Einfluss und Macht; zudem hatte die Partei einen unersättlichen Nasenhunger und musste oft bewährte Kräfte durch frische Knalltüten ersetzen. Die damals gefundenen Regeln gingen über Bord, das ist erklärbar. Die Ideale dahinter jedoch ersoffen mit, und da isses billig, jetzt von „Kampagne“ und dem bösen politischen Gegner zu jammern. Ebenso gut ließe sich fragen, wie ernst es Habeck mit der Klimapolitik ist, wenn er solche absurden Angriffsflächen schafft.

Archäologen haben in Schöningen Fußspuren entdeckt, die noch deutlicher beweisen, dass sich schon vor 300.000 Jahren Menschen in Niedersachsen aufhielten. Was könnten die da gewollt haben?

Die Archäologen ordnen die Fußspuren „einer Gruppe von Jugendlichen“ zu. Vielleicht gute Plätze für die Expo oder das erste Heimspiel von Hannover ’96.

Und was machen die Borussen?

Dortmund hat Schalke die Daumen gedrückt. Auch das Ergebnis – sie gingen 6:0 in München unter – zeigt, dass das nicht richtig ist. Fragen: Tim Döpke

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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