EMtaz: Fußballschauen mit Kindern: „Boateng muss wieder rein!“
Falsche Einwechslungen waren der Grund für Deutschlands Niederlage. Außerdem hätte Löw zwei Torhüter aufstellen müssen.
S o eine EM, so wunderschön wie diese … Aber jetzt ist Schluss. Für die Kinder jedenfalls. Denn das war der Deal: Wenn ihr das Halbfinale sehen wollt, am späten Donnerstag um neun, trotz Schul- und Kitatag am nächsten Morgen, dürft ihr das Finale am Sonntagabend nur noch gucken, wenn Deutschland noch dabei ist. Ist es aber nicht. Also Ende. Können wir nichts dafür, dass die Zeiten so familienfeindlich sind. Bei Frankreich gegen Portugal reicht Video.
Ist das jetzt nationalistisch? Nein, pragmatisch. Wir sind ja bereit, auf alle triftigen Argumente einzugehen, und sehen ein, dass es in einer „JÜL-Klasse“ mit Erst- bis Drittklässlern („jahrgangsübergreifendes Lernen“) jahrgangs- und geschlechterübergreifend wichtig ist, jedes Deutschlandspiel gesehen zu haben. Aber für Ronaldo oder Ronalno muss eine 6-Jährige nicht aufbleiben. Sind eh nicht jugendfrei, dem seine Mackerposen.
Wie die EM ausgeht, ist den Kindern ohnehin unwichtig. Aus Angst sich festzulegen und dann als Verlierer dazustehen, waren sie „für den Ball“ (Sohn), „weil der am meisten Tore schießt“ (Tochter). Am Tag nach dem Halbfinale fragte der Sohn ratlos: „Was soll ich anziehen – Frankreich oder Deutschland?“ Hauptproblem: „Von Frankreich habe ich nicht den Besten – die 15.“
Es ist jetzt an der Zeit für unsere EM-Bilanz: „Das Beste: Dass man sich wirklich – toi, toi, toi – ganze vier Wochen lang auf den Ball konzentrieren konnte, trotz Terror und EU-Krise, von denen die Kinder zum Glück nix wissen. Dafür kennen sie die Fußballregeln inzwischen besser als ich.“
„Herr Stegen und Yann Sommer zusammen ins Tor“
Endgültige Erklärung der Abseitsregel: „Wenn keine Abwehr da ist.“ (Sohn, 5). Letzte Lieblingsmannschaft: Frankreich. Ausgewaschenes blaues Trikot sofort nach dem 0:2 angezogen. Über das neongrüne Neuer-Shirt, das bis zur 72. Minute überlebenswichtig gewesen war. Kommen wir jetzt zum Lokalpatriotismus.
Heimlicher Europameister: der Club. Erstens schossen wir eines der geilsten Tore (Ungarn-Stieber), zweitens traf auch Fast-Noch-Clubberer Alessandro Schöpf (für Österreich), drittens wurde Clubspieler-Sohn Sané („der mit den Riesenkopflocken“) eingewechselt. Aber vor allem hat sich Deutschland (zweimal „Handballfehler“) so clubberisch verabschiedet, wie es nicht einmal der Club geschafft hätte.
Unsere Traumelf: Kurz vor Schluss gegen Frankreich überlegen die Kinder, wen Jogi Löw jetzt einwechseln könnte, um Deutschland noch zu retten. Die Vorschläge, in chronologischer Reihenfolge: „Ronaldo!“, „die ganze portugiesische Mannschaft!“, „Bale“, „Griezmann!“, „Boateng muss wieder rein!“, „Herr Stegen und Yann Sommer zusammen ins Tor“, „Ibrahimovic!“, „Xhaka!“, „Lukas Podolski“, „Lewandowski“, „Philipp Lahm!“, „Xhaka!“
Ganz klar: So werden wir Weltmeister 2018. Ich freue mich schon darauf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?