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EMtaz: Fehlende DFB-OffensiveWas macht eigentlich Horst Hrubesch?

Gareth Joswig
Kommentar von Gareth Joswig

Beim DFB will keiner mehr richtige Stürmer. Warum eigentlich nicht? Das Spiel gegen Frankreich zeigte: Das ist falsch.

Leider nicht im Bild: ein richtiger Stürmer, Horst Hrubesch, Miro Klose Foto: imago/ulmer/teamfoto

Z u wenig, zu spät. Die deutsche Mannschaft hat sich selbst geschlagen. Zwei defensive Fehler entschieden das Spiel gegen Frankreich. Das kann passieren. Was jedoch gefehlt hat, war ein Stürmer.

Das war auch Oliver Kahns Kritik in der anschließenden TV-Analyse: „Warum wir aufgehört haben, diesen Spielertypus zu fördern, hat sich mir nie hundertprozentig erschlossen“. Kahn forderte allerdings keinen Zentrumsstürmer alter Schule, der als Wand Bälle absorbiert, Kopfballtore macht und ansonsten ein abgekapselter Fremdkörper ist. Ihm fehlte ein Spieler, Achtung Kahn'sches Reizwort, der „Durchschlagskraft“ hat – und das mit „spielerischen Qualitäten“ vereint. „Gomez ist das beste Beispiel“, sagt Kahn.

Nur hatte sich der leider im Viertelfinale gegen Italien verletzt. Mit Gomez fehlte der Nationalmannschaft auch eine wichtige Option im Halbfinale gegen Frankreich. Es stellt sich die Frage: Warum hat Löw nur einen richtigen Stürmer mitgenommen?

Was bringt Dominanz und Tiki-Taka-Ballbesitzfußball, wenn der Gegner erfolgreich Atletico-Madrid-Fußball spielt? Trotz nur 32 Prozent Ballbesitz verhinderte Frankreich, dass Deutschland Tore erzielen konnte. Griezmann, kälter als ein Tiefkühlfach am Polarkreis, nutzte die deutschen Fehler und stellte damit die Kräfteverhältnisse auf den Kopf. Der französische Sieg war auch in der Schlussviertelstunde trotz guter deutscher Chancen nie gefährdet.

Den Deutschen fehlte ein Spieler, der nach einer Ecke einfach mal einen Kopfball ins Tor wuchten kann. Der im Strafraum Gefahr ausstrahlt. Ein Spielertyp, den der DFB offensichtlich nicht fördert und ausbildet. Der Verband verbaut sich damit unnötig Variabilität. In Spielen wie dem gegen Frankreich kann eine solche Option ein Turnier retten.

Einer ist zu wenig

Der DFB und Löw müssen deswegen nicht ihre Idee vom Fußball ändern. Die Ausbildung und die Taktik der Nationalmannschaft sind unumstritten erfolgreich, daran ändert auch die Niederlage gegen Frankreich nichts. Aber die Option „Vollstrecker“ von vornherein zu verbauen, ist nicht gerade clever. Und: Nur ein richtiger Stürmer im Kader ist zu wenig.

Für diese EM ist es jetzt egal. Es war kein Kapitalfehler Löws und ist nur ein Faktor des Ausscheidens. Aber die DFB-Förderung von richtigen Stürmern zu unterlassen und in der Ausbildung nur noch falsche Neunen oder positionsverwirrte Zwölfeinhalbs zu forcieren, verbaut unnötig die taktische Vielfalt. Es wird immer Bedarf an Spielern geben, deren Hauptaufgabe das Toreschießen ist. Eben reine Stürmer. Antoine Griezmann ist das naheliegende Beispiel dafür, dass ein echter Stürmer mitspielen kann.

Auch in der jüngeren DFB-Geschichte finden sich Beispiele: Miroslav Klose, WM-Rekordtorschütze, zuhause in gegnerischen Strafräumen bei internationalen Turnieren von 2002 bis 2014, hauptberuflich reiner Stürmer. Arbeitsnachweis bei der WM 2014: Löw wechselte Klose beim Rückstand gegen Ghana in der WM-Vorrunde ein. Der sicherte mit einem typischen Stoßstürmer-Kopfball nach einer Ecke das Unentschieden und damit letztlich auch das Weiterkommen.

Ein Klose von der Bank. Das wäre es gestern gewesen. Aber: Dort saß kein Stürmer. Immerhin entwickelte die DFB-Elf in den letzten zwanzig Minuten etwas mehr „Durchschlagskraft“. Allerdings erst nach dem 2:0-Rückstand. Umso erstaunlicher, dass Joshua Kimmich die größten Chancen für Deutschland hatte. Außerdem vergaben Verteidiger Höwedes und die eingewechselten Sané und Götze. Alle sind keine richtigen Stürmer. Nach der taktischen Aufstellung auf dem Papier kam noch Müller einem Stürmer am nächsten.

Der verkörperte bei dieser EM das Gegenteil eines Knipsers. Umso erstaunlicher, dass er kaum kritisiert wird. Müller ist vermutlich der erste zumindest nominelle Stürmer, der nicht hart angeprangert wird, obwohl er nicht traf. Niemand zählte die Minuten seit Müllers letztem Tor. Alle sind fest davon ausgegangen, dass er sein Tor schon noch macht. Spätestens im Finale. Tja. Er bleibt bei null Toren in sechs Spielen. Schlechter ist die Torquote von Max Kruse auch nicht.

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Gareth Joswig
Redakteur Inland
Arbeitet seit 2016 als Reporter und Redakteur bei der taz. Zunächst in den Lokalredaktionen von Bremen und Berlin, seit 2021 auch im Inland und Parlamentsbüro. Davor Geschichts- und Soziologiestudium in Potsdam. Themenschwerpunkte: extreme Rechte, AfD, soziale Bewegungen, Mietenpolitik, dies, das, verschiedene Dinge.
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