piwik no script img

EEG-Umlage sinkt leichtÖkostrom wird immer billiger

Der Erneuerbaren-Ausbau lässt die Preise nicht mehr steigen. Union und FDP verlieren ihr zentrales Argument gegen die schnellere Energiewende.

Schön ist das nicht Foto: dpa

Das Neue

Zwei für die Energiewende wichtige Zahlen sind am Montag verkündet worden: Die EEG-Umlage, mit der Stromkunden den Ausbau der erneuerbaren Energien finanzieren, wird im nächsten Jahr leicht sinken: Statt 6,9 Cent pro Kilowattstunde beträgt sie nur noch 6,8 Cent, teilten die Netzbetreiber mit.

Zudem gab die Bundesnetz­agentur bekannt, dass Strom aus ­Solaranlagen deutlich billiger wird: Bei der jüngsten Ausschreibung für Freiflächenanlagen gaben sich die Betreiber mit einem Preis von unter 5 Cent pro Kilowattstunde zufrieden – gut halb so viel wie noch vor zweieinhalb Jahren und kaum noch mehr als der Börsenstrompreis von 3,5 Cent.

Der Kontext

Mit der EEG-Umlage wird die Differenz bezahlt zwischen der festgelegten Vergütung, die die Betreiber von Wind-, Solar- und Biomassekraftwerken bekommen, und dem Betrag, den der damit produzierte Strom an der Strombörse wert ist. Sie ist von 2009 bis 2014 auf das Fünffache gestiegen – was zu heftiger Kritik geführt hat. Seitdem pendelt sie nur noch leicht zwischen 6 und 7 Cent pro Kilowattstunde. Für private Haushalte macht sie etwa ein Viertel des Strompreises aus.

Dass sie im nächsten Jahr sinkt, liegt zum einen daran, dass neue Ökostromanlagen kaum noch Mehrkosten verursachen. Nicht nur der Preis für Photovoltaik sinkt rapide, wie das jüngste Ausschreibungsergebnis belegt. Auch Windräder werden immer billiger. Erste Betreiber von Windparks im Meer verzichten sogar ganz auf Subventionen. Zum anderen ist der konventionelle Strompreis an der Börse gestiegen, sodass die Differenz zu den Ökostromvergütungen sinkt.

Die Kosten für Privatkunden dürften stabil bleiben oder leicht sinken, denn auch die Gebühren für die Stromnetze sinken im Schnitt leicht.

Die Reaktionen

Die Bundesregierung sieht die Entwicklung als Erfolg ihrer Reformen, vor allem der Umstellung der Förderung auf Ausschreibungen, bei denen die Förderhöhe nicht staatlich vorgegeben, sondern am Markt ermittelt wird. „Die Strompreise sind in den letzten vier Jahren stabil geblieben“, sagte der zuständige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Rainer Baake, am Montag. „Gleichzeitig gab es in dieser Zeit einen Rekordausbau der Erneuerbaren, ihr Anteil wuchs von 25 auf 35 Prozent.“

Die Opposition äußerte hingegen Kritik, vor allem weil viele Unternehmen teilweise von der EEG-Umlage befreit sind. „Diese Privilegien müssen die übrigen Verbraucher mitfinanzieren“, meint Grünen-Energieexpertin Julia Verlinden. Auch Eva Bulling-Schröter (Linke) forderte, dass „unberechtigte Befreiungen von der EEG-Umlage für die energieintensive Industrie beendet werden“. Der Branchenverband BDEW plädierte dafür, die Ausnahmen für die Industrie künftig nicht über den Strompreis, sondern aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren.

Die Konsequenz

Die jüngste Entwicklung bei EEG-Umlage und Solarausschreibungen dürfte die Position der Grünen in den anstehenden Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition stärken. Sie fordern einen deutlich schnelleren Ausbau von Ökostromanlagen; die Union und vor allem die FDP lehnen dies bisher mit Verweis auf die angeblich hohen Kosten ab – doch dies Argument zieht künftig kaum noch.

Die Forderung, einen Teil der EEG-Umlage künftig aus dem Haushalt zu finanzieren und damit den Strompreis zu senken, dürfte ebenfalls lauter werden. Denn um die Klima­ziele zu erreichen, werden der Verkehr und die Heizungen zu einem großen Teil elektrifiziert werden müssen. Damit das wirtschaftlich ist, muss der Strompreis sinken.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Mensch Malte. Da geht aber mal wieder 'ne Menge drunter und drüber.

    Wenn der Börsenpreis steigt, wird (richtig) die Spanne zum Ökostrom geringer. Wenn die EEG Umlage nun konstant bleibt heisst dass, das der Ökostrompreis um den Anstieg des Börsenstrompreises gestiegen ist.

    Was dann das ganze wiederkäuen von EEG-Umlage Befreiung mit der Neuheit (Neudeutsch News) zu tun hat bleibt unklar. (Klar, weiss schon das alle Politiker diese grünpopulistischen Aussagen gerne zu jeder Gelegenheit raushauen. Aber man muss dem Nonsense jag keine Bühne geben. Grünpopulismus ist zwar nicht so gefährlich wie sein rechter (Halb-) Bruder aber trotzdem Kacke.)

  • DAs zentrale Argument ist absolut nicht der Preis, der zuletzt sehr stabil blieb, sondern die fehlende Verlässlichkeit, die dazu führt, dass immer Reservekraftwerke mit konventioneller Energie laufen müssen, um die Lücken auszugleichen.

     

    Es war richtige, den Erneuerbaren Anschubfinanzierung zu gewähren, jetzt muss diese in die Speicherlösungen umgeleitet werden.

  • Schon interessant wie selbstverständlich der Erfolg der Ausschreibungen plötzlich beschrieben wird. Zur Erinnerung: Die Grünen und Andere habe dieses Instrument stets bekämpft weil es angeblich das Ende der Energiewende bedeutet. Vielmehr war es eine alte Forderung der FDP. Damit sehe ich eher die Grünen geschwächt da sich zeigt, dass sie die Energiewende einfach nicht managen könne.

  • "Ökostrom wird immer billiger"

     

    Das ist Humbug. Schon seit Jahren stecken die eigentlichen Kosten in den Umlagen für den Betrieb und Unterhalt der Stromnetze (Netzentgelte) - Leitungsbauten, Redispatchmassnahmen usw. Und die steigen munter weiter an.

     

    Der Ökostrom wird immer teurer. So viel Ehrlichkeit darf sein.

    • @TurboPorter:

      Ehrlichkeit?

      Sie schreiben eher Propaganda!

      Auch die Netzentgelte sind laut dem Artikel leicht gesunken.

  • Es ist doch immer die gleiche Geschichte bei der EEG Umlage die einfach nicht in die Köpfe zu kriegen ist; speziell bezogen auf den Bereich Biomasse:

    Uns wurde damals gesagt, und so waren die Projektionen, dass das EEG als Anschubfinanzierung zu verstehen ist und man aber davon ausgehen könne, das ab ca. dem Jahr 10-15 das EEG gar nicht mehr nötig sei, da dann der "normale" Strompreis oberhalb des EEG liegen wird.

     

    Es kam anders: Durch den Vorrang der Einspeisung der Erneuerbaren stürzte einerseits der Börsenpreis ab sowie wurden die Ausnahmetatbestände stromintensiver Industrien ausgeweitet, was die Umlage erhöhte.

    Durch diese beiden Punkte ging die Schere auseinander und die Mär der teuren Erneuerbaren war da.

    Nein, die Erneuerbaren haben den Strompreis gesenkt. Dadurch kamen die Kohleverstromer in Bedrängnis und daher haben sich E-On und RWE in den Krisenmodus begeben.

    Und dadurch wiederum wurde das EEG so novelliert, dass Offshore bevorzugt wurde. Das wiederrum hatte die Konsequenz, dass nur von genau nämlichen Großkonzernen investiert werden kann (Investvolumen höher als Onshore) und nicht mehr von z.B. Bürgerinvestoren. Ein Rettungsdeal; auch für die klammen Gemeinden in NRW, die ohne Dividenden der Konzerne wirtschafltich mit dem Rücken zur Wand stehen; nicht mehr nicht weniger; durchgedrückt von RWE/EnBW/E-On und Co. Das hat übrigens maßgeblich Frau (SPD) Kraft durchgedrückt.

     

    Letztlich zahlt der Normalbürger mit seiner Stromrechnung die PV Anlage des Zahnarztes und die Dividende für die Gemeinden in NRW. Und die Politik (insbesonder SPD in 2016) ist sich nicht zu schade bei jeglicher Novellierung des EEG in dieses Horn zu blasen.

  • Die Rechnung ist doch eh verzerrt bis zum Anschlag - d.h. zu Ungunsten des Ökostroms: bei den fossilen Produzenten werden nicht die langfristigen Folgen eingerechnet und vermutlich auch nicht die Kapitalverschiebung ins Ausland zum Einkaufen der Primärenergie - im Gegensatz dazu wird Windenergie und z.T. noch Solar hier vor Ort produziert. (D.h. das Geld verlässt Deutschland)

    Auch nicht die Entsorgung der Abfälle, die Zerstörung der Landschaften, die Verschmutzung der Atemluft und der Gewässer (Ölunfälle?).

    Auch nicht die Abhängigkeit von internationalen Gas- Kohle- und Öllieferanten.