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ECOWAS lockert Sanktionen in Niger​Geopolitischer Spielball

Kommentar von Katrin Gänsler

Es ist tragisch zu sehen, wie die Sahelstaaten erneut zum geopolitischen Spielball werden.

Der senegalesische Präsident Macky Sall, der ECOWAS-Präsidenten Omar Alieu Touray und der nigerianische Außenminister Yusuf Tuggar Foto: Stringer/reuters

N iger hat die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS erneut vorgeführt. Seit dem Staatsstreich im Juli 2023 hat die Junta unter Abdourahamane Tiani nichts unternommen, um wie gefordert Präsidentschaftswahlen vorzubereiten oder zumindest den Weg dorthin einzuschlagen. Stattdessen hat sie ausgeharrt und wieder einen Erfolg verbucht: Die Sanktionen werden gelockert. Das dürfte Niger ebenso freuen wie auch das südliche Nachbarland Benin. Über den Hafen in Cotonou wurden seit knapp sieben Monaten keine Waren mehr in Richtung Niger transportiert. Auch die lokale Wirtschaft im Norden litt unter den Grenzschließung.

Von Seiten der ECOWAS ist es eine große Beschwichtigungsgeste, um Niger, aber auch Mali und Burkina Faso doch noch im Staatenbund zu halten. Ende Januar hatten sie ihren Austritt angekündigt. Doch mit ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Gesprächen betonen alle drei Länder Desinteresse wie Selbstsicherheit. Ohne die Einmischung der ECOWAS und damit auch des globalen Nordens – so lautet zumindest die Unterstellung –, wird es den drei Ländern zukünftig besser gehen, schätzen sie.

Nutznießer ist Russland, das nicht nur militärische Kooperationen ankündigt, sondern Medienberichten zufolge beispielsweise Burkina Faso kürzlich mit 25.000 Tonnen Weizen beliefert und Ende Dezember nach 31 Jahren wieder eine Botschaft in der Hauptstadt Ouagadougou eröffnet hat.

Es ist fast tragisch zu sehen, wie die Sahelstaaten erneut zum geopolitischen Spielball werden. Russische Kooperationen verbessern nicht die Lebensbedingungen in den ärmsten Ländern der Welt, in denen sich der Zugang zu Nahrungsmittel, Bildung und medizinischer Versorgung weiter verschlechtern. Die Länder verfügen über begehrte Rohstoffe wie Uran und Gold. Vor allem gelingt es Russland, ein strategisch wichtiges Netzwerk aufzubauen. Die Aufhebung der Sanktionen gegen Niger, ohne dass sich das Land in Richtung Präsidentschaftswahl oder Freilassung des abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum bewegt, ist somit auch ein Punktsieg für Russland.

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Westafrika-Korrespondentin
Nach dem Abitur im Münsterland bereiste sie zum ersten Mal Südafrika und studierte anschließend in Leipzig, Helsinki und Kopenhagen Journalistik und Afrikanistik. Nach mehreren Jahren im beschaulichen Schleswig-Holstein ging sie 2010 nach Nigeria und Benin. Seitdem berichtet sie aus ganz Westafrika – besonders gerne über gesellschaftliche Entwicklungen und all das, was im weitesten Sinne mit Religion zu tun hat.
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1 Kommentar

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  • "Es ist fast tragisch zu sehen, wie die Sahelstaaten erneut zum geopolitischen Spielball werden."

    Sie "werden" zum Spielball? Vielleicht entscheiden die Regierungen selbst und bewusst, mit wem sie kooperieren möchten.

    Auch in den letzten Jahrzehnten - also bei der Zusammenarbeit mit "dem Westen", und vor allem mit der EU- haben sich die Lebensbedingungen nicht verbessert. Sicher sind die Gründe dafür vielschichtig und nicht monokausal. Aber auch die vom IWF und der WHO erzwungenen Strukturanpassungsprogramme haben nichts Gutes bewirkt. Dito für die europäischen "partnership" agreements.

    Der Stopp des Handels und die Grenzschließungen durch die ECOWAS zwingen die Länder der Sahel ja noch weiter in die Knie. Gut, dass man das rückgängig gemacht hat. Finde ich.