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Durchbruch beim EU-KlimaschutzCO2-Handel soll verschärft werden

Sie verhandelten bis spät in die Nacht, nun gibt es eine Einigung beim EU-Klimaschutzprogramm. Wichtig: Der Emissionshandel wird erweitert.

Hier soll bald auch der Emissionshandel gelten: Stau in Stuttgart Foto: dpa

Brüssel dpa Verbraucher und Unternehmen in der EU müssen künftig häufiger für den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) bezahlen. Unterhändler des EU-Parlaments und der Staaten einigten sich am frühen Sonntagmorgen auf eine Reform des EU-Emissionshandels, wie die tschechische Ratspräsidentschaft mitteilte. Damit soll das wichtigste Instrument der europäischen Klimaschutzpolitik deutlich schlagkräftiger werden. Zudem soll ein neuer Klimasozialfonds die Folgen der Energiewende für Verbraucher abfedern.

„Der Emissionshandel ist der Schlüssel zum Erreichen unserer Klimaziele“, sagte der EU-Abgeordnete Peter Liese (CDU), der die Verhandlungen für das Parlament führte. Der Kompromiss bringe Klimaschutz, aber gleichzeitig würden die Industrie sowie Bürger geschützt, die sich höhere Preise nicht leisten könnten. Unter anderem die Bundesregierung habe die Verhandlungen aufgehalten, aber der Kompromiss sei schließlich von einer breiten Mehrheit getragen worden, sagte Liese.

Konkret einigten sich die Unterhändler darauf, den bestehenden Emissionshandel in der EU zu verschärfen. Dabei müssen etwa Unternehmen Verschmutzungszertifikate kaufen, wenn sie CO2 auszustoßen. Das soll einen Anreiz dafür schaffen, weniger CO2 zu produzieren. Nun soll die Zahl der Verschmutzungsrechte schneller verringert werden als bislang vorgesehen, damit Emissionen schneller sinken.

Außerdem sollen kostenlose Zertifikate für Firmen bis 2034 schrittweise auslaufen. Unternehmen, die sich bei der Energiewende nicht anstrengen, müssen kostenlose Zertifikate abgeben. „Die schlimmsten Verschmutzer zahlen drauf und diejenigen, die dekarbonisieren, werden unterstützt“, erklärte der Grünen-Abgeordnete Michael Bloss, der an den Verhandlungen teilnahm.

Ausweitung auf Gebäude und Verkehr

Das System soll zudem ab 2027 auf das Heizen von Gebäuden und den Verkehr ausgeweitet werden – sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen. Allerdings gibt es eine „Notbremse“: Sind die Energiepreise besonders hoch, kann das System verschoben werden, um etwa Verbraucher nicht zu sehr zu belasten. In Deutschland gilt der Emissionshandel bereits für Gebäude und Verkehr.

Zudem soll es ab 2026 einen Klimasozialfonds geben, der Mehrausgaben für Verbraucher durch die Energiewende – etwa steigende Heizkosten – abfangen soll. Dieser soll 86,7 Milliarden Euro umfassen und durch Einnahmen aus dem Emissionshandel und teilweise durch die Mitgliedstaaten finanziert werden. Damit sollen Haushalte entlastet und Investitionen, zum Beispiel in effizientere Gebäude oder öffentliche Verkehrsmittel, gefördert werden.

Die Projekte sind das Herzstück des „Fit for 55“-Pakets, das die Europäische Kommission im Sommer 2021 zum Kampf gegen den Klimawandel vorgestellt hatte. Es soll den EU-Ländern dabei helfen, CO2-Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken und bis 2050 klimaneutral zu werden.

Die Einigung muss noch vom EU-Parlament und den Staaten bestätigt werden, das gilt aber als Formsache.

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4 Kommentare

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  • CO2 Zertifikate sind die Ablassbriefe des Kapitalismus.



    Hauptsache man glaubt daran.

  • FITFORFIFFTIIIFAIF



    Nu ja, von '90 bis '30 warens und sinds 40 Jahre - in denen wir nun unsern jährlich freudig abgelieferten COzwei-Beitrag zur Klimakatastrophe tatsächlich halbiert haben werden wollen. Wie die restlichen 45 Prozent dann in nur der halben Zeit verschwinden sollen ? Future Dreams. Die guten alten Fitness-Pfade mit ihrem 70-er-Jahre-Flair stehn teils immer noch in der Gegend rum, und nützen nix. Fitter scheinen wir nich geworden zu sein, der BMI der Bevölkerung is gefühlt genau in die andere Richtung gelaufen. Die zweite Hälfte der EU-igen Fitnesskampagne, neeemlich die restliche Hälfte vom COzwei abzuschaffen, wird auch sehr viel schwerer, eher: unmöglich. Denn selbst große emmissionsfreie Kapazitäten beim - künftig ja wohl für all unser Sein und Wirtschaften zuständigen - Strom-Produzieren werden zeitliche Lücken lassen: Und die sind voraussichtlich nur mit Verbrennen von irgendwas aufzufüllen. Auch eine 120- oder 150-prozentige Kapazität (und der Bedarf wird riesig sein, realistisch betrachtet ein Mehrfaches der heutigen Stromerzeugung: Chemie, Stahl, Transport, Digital ....) hilft nich gegen Sonnenfinsternisse (bewiesenermaßen eher selten ;-) und Dunkelflaute (bewiesenermaßen eher häufig). COzwei wird in den Lücken also weiterhin produziert werden Bye bye Fitness.



    Facts: www.deutschlandfun...eausstieg-100.html



    www.sueddeutsche.d...giewende-1.5187624



    Funfacts: www.solarserver.de...ltaik-einspeisung/

  • Wie kann es dann sein, dass das Wirtschaftsministerium, Habeck, noch nicht mal die Co2-Zertifikate zurückgibt, die durch die bisherige Stilllegung von Kohlekraftwerken freigeworden sind?

    Sehenden Auges die Frist (bis Jahresende!) verstreichen lässt und so die angeblich eigenen Klimaziele sabotiert?

    》Deutschland steigt aus der Kohle aus. In Westdeutschland sogar ziemlich schnell, schon 2030 soll dort das letzte Kraftwerk vom Netz gehen. "Das ist ein Meilenstein für den Klimaschutz", sagte Bundesklimaschutzminister Robert Habeck [...] Ausgerechnet Habecks Ministerium verzichtet offenbar darauf, die Stilllegung der Kraftwerke bei der EU-Kommission zu melden [...] das Versäumnis führt dazu, dass der deutscheKohleausstiegdem Klima streng genommen gar nichts nützt. Emissionen werden lediglich verlagert. [...] EinKohlekraftwerk, das es nicht mehr gibt, braucht keine Zertifikate mehr. Die Zertifikate sind aber weiterhin vorhanden – und können von anderen gekauft werden. So sinken zwar die Emissionen in Deutschland, steigen aber anderswo in der EU an. Für das Klima macht das keinen Unterschied. [...] die Mitgliedstaaten [sind] berechtigt, überflüssig gewordene Zertifikate zu löschen. Damit ließen sich die Emissionen tatsächlich reduzieren, der vonHabeckbehauptete Klimanutzen wäre gegeben. Alles, was es dazu braucht, ist ein Brief aus Berlin nach Brüssel. [...] Einzige Bedingung: Der Brief muss bis Ende des Jahres nach der Stilllegung bei derEU-Kommissioneingehen. Für Kraftwerke, die 2021 vom Netz gingen, läuft die Frist also in zwei Wochen ab. Doch die Bundesregierung hat den Brief bisher nicht abgeschickt, wie das Klimaschutzministerium auf Anfrage von ZEIT ONLINE bestätigt. [...] Aus dem Umfeld des Ministeriums ist zu hören, dass der Antrag wohl nicht mehr verschickt wird《

    is.gd/CdXgJB

    Das ist doch komplett unglaubwürdig, wird z.B. in jeder Verhandlung um Stillegungen, Zertifikate in ANDEREN Staaten wie ein Bumerang zurückkommen!

  • Spät und verwässert. Aber immerhin.