Drohungen gegen Lehrkräfte in Brandenburg: Unterlassene Hilfeleistung

Nach rechten Anfeindungen verlassen zwei Lehrkräfte ihre Schule im Spreewald. Der Fall zeigt, was passiert, wenn der Staat couragierte Bür­ge­r:in­nen nicht schützt.

Die Lehrkräfte Max Teske und Laura Nickel auf einer Demonstration.

Bekamen zu wenig Unterstützung: Lehrkräfte Max Teske und Laura Nickel auf Demonstration in Cottbus Foto: Patrick Pleul/dpa

In Nordwestmecklenburg gibt es ein kleines Dorf namens Jamel mit rund 40 Einwohner:innen. Bis auf zwei Menschen, die Lohmeyers, sind dort alle rechts. Das Ehepaar wird drangsaliert, ihre Scheune wurde niedergebrannt, die Neonazis setzen alles daran, auch sie noch aus dem Örtchen zu vertreiben und Jamel zu einer „national befreiten Zone“ zu machen. Was sich wie eine dystopische Fiktion liest, ist harte Realität.

Burg, eine Gemeinde im Südosten Brandenburgs mit hundert mal mehr Ein­woh­ne­r:in­nen als Jamel, ist von solchen Zuständen noch weit entfernt. Und dennoch ist es dort so weit gekommen, dass zwei Menschen wegen rechtsextremer Umtriebe sagen: Es reicht, wir müssen hier weg.

Am Mittwoch wurde bekannt, dass sich die beiden Lehrkräfte Laura Nickel und Max Teske von ihrer Schule versetzen lassen, nachdem sie sich im Frühjahr mit einem Brandbrief an die Öffentlichkeit gewendet hatten. Es ist schlimm genug, dass es an ihrer Schule Hitlergrüße von Schü­le­r:in­nen gab, Hakenkreuze geschmiert oder „Arbeit macht frei“ gerufen wurde.

Noch schlimmer ist aber, was danach geschah. Die beiden Leh­re­r:in­nen wurden von ihren Kol­le­g:in­nen teilweise nicht mehr gegrüßt. Vermeintliche Eltern schrieben einen Brief, in dem sie aber nicht die Lehrkräfte stärkten – sondern ihre Entlassung forderten, aufgrund ihrer „Ideologie“. Die Schule, das Schulamt und der SPD-Bildungsminister Freiberg müssen sich vorwerfen lassen, auf vielen Ebenen versagt zu haben.

Die AfD spielt ein zynisches Spiel

Nickel und Teske wurde Besserung versprochen, passiert ist kaum etwas. Ein Gespräch zwischen Freiberg und den beiden Leh­re­r:in­nen kam nicht zustande. Es kann nicht sein, dass als Konsequenz der rechtsextremen Vorfälle genau die gehen müssen, die sich dagegen einsetzen.

Bei der Bundestagswahl 2021 war die AfD in Burg bei den Erststimmen bereits stärkste Kraft. Dieselbe AfD, die jetzt zynischerweise behauptet, sie sei „verwundert“, dass die Lehrer wegen ein „bisschen Gegenwind“ aufgeben. Fast so, als wäre es ein Spiel und sie fänden es etwas schade, schon so früh gewonnen zu haben.

Mit dem „bisschen Gegenwind“ meinen sie Sticker im Ort mit dem Gesicht der beiden inklusive Aufruf, sich zu verpissen, einen Instagram-Account, der zur Jagd auf die Leh­re­r:in­nen aufruft sowie notwendigen Polizeischutz.

Burg ist nicht Jamel. Aber es zeigt, was passiert, wenn rechtsextreme Meinungen durch unterlassene Hilfeleistung des Staates normalisiert werden.

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