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Drohungen gegen JournalistenSchweinekopf per Post

In Braunschweig bekommt der Journalist David Janzen einen Schweinekopf nach Hause geschickt. Die Polizei sieht darin zunächst keine Bedrohung.

Der Journalist David Janzen wird im November 2019 bei einem NPD Aufmarsch attackiert Foto: Michael Trammer/imago

Am Mittwoch hat ein Journalist aus Braunschweig ein Paket mit einem Schweinekopf nach Hause geschickt bekommen. Der Adressat, David Janzen, ist Sprecher des Bündnisses gegen Rechts in Braunschweig. Seit Jahren arbeitet er außerdem als Fachjournalist zur rechtsextremen Szene, unter anderem für den „Störungsmelder“ von Zeit Online. Janzen ist in der Vergangenheit mehrfach Opfer von rechten Drohungen geworden.

Das Paket war an Janzen und seine Familie adressiert. Nachdem Janzen das Paket geöffnet und den Schweinekopf bemerkt hatte, informierte er umgehend die Kriminalpolizei, sagt er der taz. Ein Beamter habe Janzen am Telefon erklärt, dass er in dem Vorfall keine Bedrohung sehe. Dass der Vorfall im Zusammenhang mit vorherigen Bedrohungen gegen Janzen aus der rechten Szene stehe, habe den Beamten nicht überzeugt. Erst als der Journalist damit drohte, sich an den Innenminister zu wenden, habe der Kriminalbeamte eingelenkt.

Zwei Beamte hätten Janzen später befragt und die Anzeige aufgenommen. Die Spurensicherung habe das Paket mitgenommen, den Schweinekopf aber bei Janzen gelassen.

Janzen hat im vergangenen Jahr mehrfach Drohungen aus der rechtsextremen Szene erhalten. Im Juni 2019 waren Aufkleber von „Adrenalin Braunschweig“ an die Wohnungstür des Mehrfamilienhauses, in dem Janzen mit seiner Familie lebt, geklebt und die Drohung „Wir töten dich! Janzen“ geschrieben worden. In einem Video auf Instagram hatte der stadtbekannte Rechtsextremist Lasse Richei in Anlehnung an die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) mit „Heute Walter, morgen Janzen“ gedroht. Im Oktober wurde die Tür von Janzens Haus beschmiert und Chemikalien in seinen Briefkasten gekippt.

Im vergangenen November mobilisierte die NPD zu einer Demonstration, die sich gegen zahlreiche Journalisten richtete, darunter auch David Janzen. Janzen kritisiert, dass derartige Fälle von der Polizei oftmals nicht ernst genommen würden. „Meine Erfahrung ist, dass es kaum Empathie und Verständnis für Betroffene gibt“, sagt er der taz.

Neonazis wenden bei Journalist*innen einen Zermürbungstaktik an. „Die massive Bedrohung entsteht ja, weil solche Vorfälle alle paar Wochen und Monate passieren“, sagt Janzen. Diese Zusammenhänge würden von Polizei und Justiz allerdings selten gesehen werden.

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5 Kommentare

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  • Dass die Polizei eine Bedrohungslage nicht erkennt, wenn sie deutlich vor ihr steht, ist mehr als nur bedenklich. Ich würde mich auch nicht wundern, wenn der Herr Polizist die Bedrohung sehr wohl erkannt hätte - aber das Opfer der Bedrohung nicht für schutzwürdig. Auch das kommt häufiger vor als man meinen sollte. "Na geh, der depperte Journalist soll sich nicht so haben..." Furchtbar. Eigentlich müssten die Vorgesetzten gegen diese Art der Behandlung vorgehen.

    • @Fitzli Putzli:

      Das Strafgesetzbuch sieht nun mal bestimmte Tatmerkmale vor.

      Eine gefühlte Bedrohung reicht nicht aus.

      Der Polizist hat in seinem Stidium schon aufgepasst.

      Was meinen Sie denn, was die Staatsanwältin/der Staatsanwalt machen wird?

      • @rero:

        Sorry. Nach Lübcke und Hanau solche Drohgebärden auf die leichte Schulter zu nehmen ist geradezu kriminell.

        Dass eine "robuste Reaktion" sehr wohl möglich ist zeigt [1]. Wenn's... "einen von ihnen" trifft, wohl.

        Was die Staatsanwältin machen wird? Vielleicht im Sinne §241 StGB ermitteln?

        Ach kommen Sie. Tun Sie nicht so als wüssten Sie nicht, dass Bedrohung ein Straftatsbestand sein kann.

        [1] taz.de/Aktion-gege...rsachsen/!5507260/

        • @tomás zerolo:

          Straftatbestand hat Tatbestandsmerkmale. Wenn die nicht vorliegen, wird die Staatsanwältin einstellen. Auch nach Hanau und Lübcke.

          Wer andere Tatbestandsmerkmale will, muss das Gesetz ändern.

          Ihren verlinkten Artikel sollten Sie sich noch mal selbst durchlesen. Der Inhalt hat nämlich nichts mit dem Straftatbestand Bedrohung zu tun. Da geht es um eine Versammlung und Polizeirecht.

          Ich kann nur empfehlen, sich mal zu dem Thema in einen Gesetzeskommentar einzulesen. Sie werden erstaunt sein, was vor Gericht so alles nicht als Bedrohung gilt.

  • Als Journalist aus dem Landkreis Vechta/Osnabrück kenne ich die perverse Palette der Schädigung gegen Journalisten sehr gut, körperliche, wirtschaftliche und soziale Schädigung "seien nun Mal der Preis, wenn man was weiß,