Drohender Bahnstreik: Weniger arbeiten für weniger Geld
Am 8. Januar endet der „Weihnachtsfrieden“ der Lokführergewerkschaft GDL. Die Bahn versucht mit einem neuen Angebot, den Streik doch noch abzuwenden.
Konkret schlägt die Bahn vor, ein bestehendes Wahlmodell, das auch Arbeitszeiten umfasst, zu erweitern. Bisher können sich Beschäftigte entscheiden, ob sie etwa mehr Geld, mehr Urlaub oder weniger Wochenarbeitstage haben wollen. Sie könnten etwa von 39 auf 37 Wochenstunden verringern, bekommen dafür aber 5,7 Prozent weniger Lohn. Die Bahn bietet nun an, die Wochenarbeitszeit in diesem Modus noch weiter herunterzufahren. Auf der Basis schlägt sie einen neuen Verhandlungsanlauf am Mittwoch vor.
„Wir wollen jetzt über zusätzliche Wahlmodelle für Schichtarbeiter verhandeln“, sagte Seiler der Süddeutschen Zeitung. „Die können dann statt 38 nur noch 35 Stunden arbeiten – oder auch 40 Stunden. Jeder wählt aus, wie in einer Cafeteria.“
Wer sich für kürzere Arbeitszeiten entscheide, müsse dafür Abstriche bei einer tariflich vereinbarten Lohnerhöhung machen. „Das ist heute schon so, wenn sich die Mitarbeitenden für zusätzlichen Urlaub entscheiden“, sagte Seiler. Was die Entgelte angeht, bleibt die Bahn bei ihrem bisherigen Angebot von elf Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von 32 Monaten.
GDL fordert vollen Lohnausgleich
Die GDL fordert unter anderem 555 Euro mehr im Monat sowie eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie bei einer Laufzeit von einem Jahr. Knackpunkt der Gespräche war bislang aber die Kernforderung nach der Verringerung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter bei vollem Lohn.
Diesen sieht auch das aktuelle Angebot nicht vor. Die Bahn hält diese Forderung aufgrund eines hohen zusätzlichen Personalaufwands für nicht umsetzbar. Ein GDL-Sprecher sagte, man werde sich das Angebot anschauen und sich in den nächsten Tagen äußern.
Ob mit der neuen Offerte Arbeitskämpfe abgewendet werden können, ist fraglich. Am Sonntag endet der selbstauferlegte „Weihnachtsfrieden“ der GDL. Streiks sind ab Montag damit wieder möglich. Nach einer Urabstimmung können sie auch deutlich länger dauern als die jüngsten Warnstreiks.
Zumindest am Montag oder Dienstag sind Arbeitskämpfe aber unwahrscheinlich: Der Deutsche Beamtenbund (DBB), in dem die GDL Mitglied ist, veranstaltet in Köln seine traditionelle Jahrestagung. „Ich habe mit (GDL-Chef) Claus Weselsky schon vor Weihnachten verabredet, dass während der Tagung in Köln keine Streiks stattfinden werden“, sagte DBB-Chef Ulrich Silberbach dem Kölner Stadt-Anzeiger (Freitag). „Die An- und Abreise ist sichergestellt. Was danach passiert, liegt nicht mehr in meiner Hand.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“
Bequem gemacht im Pseudoliberalismus