piwik no script img

Drei tote Rennpferde in EnglandRennen und springen bis zum Kollaps

Bei einem Hindernisrennen im englischen Cheltenham sterben wieder drei Pferde. In den letzten 17 Jahren kamen fast 3.000 Rennpferde ums Leben.

Tödliches Traditionsrennen im November in Cheltenham Foto: Paul Blake/imago

Auf der im Internet geführten Liste für tote Rennpferde „horse­deathwatch.com“ sind die drei jüngsten Opfer von Cheltenham schon eingetragen. Seit dem Jahr 2007 werden die Todesfälle auf den internationalen Rennstrecken von Tierschutzaktivisten dokumentiert. Der Wallach „Abuf­falosoldier“, der am Sonntag wenige Augenblicke nach seinem Sieg im vierten Rennen zusammenbrach, „Bangers And Cash“, der im selben Wettbewerb zuvor schon kollabiert war, und „Napper Tandy“, der nach einem Hindernissturz seinen Verletzungen erlag, sind die Todesopfer Nr. 2.900, 2.901 und 2.902.

Ändern wird das vermutlich nicht viel. Gerade in England erfreuen sich die Hindernisrennen trotz der hohen Todesrate und massiver Kritik größter Beliebtheit. Routiniert wirkten die Stellungnahmen von der Rennstrecke in Cheltenham, das im Südwesten Englands liegt und vor allem für seine Pferderennen im Frühjahr während der Cheltenham-Festivals bekannt ist. Ein Sprecher der British Horse­racing Authority (BHA) sprach am Sonntag von einer Tragödie für alle Beteiligten und versicherte, man sei in Gedanken bei ihnen. Und er erklärte: „Wie bei allen Todesfällen werden wir versuchen, die Umstände hinter jedem Vorfall zu verstehen, da wir uns bemühen, vermeidbare Risiken in unserem Sport weiter zu reduzieren.“

Wobei die ersten Analysen vermuten lassen, dass nicht viel unternommen werden kann. Liam Kearns, leitender Tierarzt der Jockey Club Racecourses, erklärte gegenüber Racing TV zu den Zusammenbrüchen von „Abuffalosoldier“ und „Bangers And Cash“: „In beiden Fällen sprechen wir von einem kardiovaskulären Kollaps, da man zu diesem Zeitpunkt nicht sagen kann, ob es sich um einen echten Herzinfarkt handelt oder ob ein größeres Blutgefäß gerissen ist. Aber es ist von dieser Art, und deshalb handelt es sich um einen plötzlichen Todesfall.“

Tod während des Siegerinterviews

Den Tod von „Abuffalosoldier“ mussten die TV-Zuschauer live mitansehen. Reiter Sean Bowen gab noch auf dem Pferderücken ein Siegerinterview, als der Wallach plötzlich kollabierte. Der Jockey stürzte und die TV-Aufnahme wurde unterbrochen. Es sei ein großer Zufall, erklärt Kearns, dass das zwei Mal in einem Rennen passiere. Wegen der „intensiven Rennsituation“, stellte er klar, würden die Pferde zuvor immer sorgfältig überprüft werden. Kearns sagte jedoch auch: „Es ist eines dieser plötzlichen Dinge, die einen treffen können.“ Wenn es sich um einen echten Herz-Kreislauf-Kollaps handeln würde, könne nicht viel getan werden.

Bei den Cheltenham-Festivals im Jahr 2016 zählten die Veranstalter sieben tote Pferde in nur vier Tagen. Im April vergangenen Jahres starben beim Hindernisrennen in Aintree nahe Liverpool drei Pferde. Damals pilgerten Pferdesportfans und Protestierende zu dem Rennen. Letztere fühlten sich durch die Ereignisse bestätigt. Die Pferdesportfreunde argumentierten, dass erst die Proteste, als Dutzende auf die Rennstrecke gelangen wollten, die Pferde aufgeregt und das Unglück begünstigt hätten.

Tierschützer wenden grundsätzlich gegen Hindernisrennen ein, dass Springen nicht zu den natürlichen Verhaltensweisen von Pferden gehört. In freier Wildbahn weichen die Tiere größeren Hindernissen aus und überspringen sie nur im Notfall.

Ed Chamberlain, der Kommentator des englischen Privatsenders ITV (Independent Television), bedauerte nach der Todesnachricht von „Abuffalosoldier“ dessen Jockey Sean Bowen: „Er ist so brillant gesprungen – heldenhaft. (…) Es ist zum Verzweifeln traurig. Ich fürchte, das ist ein Sport, bei dem man Höhen und Tiefen erlebt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ob die Tiere nun als Gaumenfreude oder als Nervenkitzel verschlissen werden -- was macht den Unterschied? Die Zahl der zu kulinarischen Zwecken Getöteten übersteigt bei weitem die Zahl der Entertainment-Opfer. Der Unterschied ist eben nur, dass im Unterhaltungsbusiness Sport der Mensch behaupten kann, die Tiere ja so sehr zu lieben und zu schätzen... Und die meisten glauben sich das wohl sogar selbst. Aber diese Tiere sind einfach Gladiatoren, auch ihr Tod ist Unterhaltung. Oder profitieren die Einschaltquoten etwa nicht, wenn ein Pferd live abnippelt? -- Naja, was das angeht, profitieren sie auch davon, wenn menschliche Sportler sich den Hals brechen. Wenn wir ehrlich sind, sind spektakuläre Stürze doch das Beste bei Skirennen, oder?

  • „Buffalo Soldier“ Bob Marley, bitte:



    www.youtube.com/watch?v=uMUQMSXLlHM