Drei Jahre nach dem ersten Lockdown: Denkmäler, um uns zu feiern
Vieles ist während der Pandemie schlecht gelaufen, aber vieles auch gut. Diese kollektive Leistung sollten wir mit Denkmälern würdigen.
Z ugegeben, als vor fast genau drei Jahren die ersten Maßnahmen gegen das Coronavirus kamen, bemühten manche von uns sich ein bisschen arg um Optimismus. Endlich stehen systemrelevante Berufe im Mittelpunkt, hieß es. Endlich ist die Gesellschaft gezwungen, solidarisch zu handeln; Politik für die Schwächeren zu machen; umzuverteilen. Das Virus mahnt uns zum kollektiven Denken und Handeln! Kam so ganz dann nicht.
Andererseits war der erste „Lockdown“ auch ein Moment des Pessimismus, der insgeheimen Katastrophengedanken. Was, wenn sich kein Schwein schert? Was, wenn das Land, die Welt, mit der Schulter zuckt und die Alten und Kranken sterben lässt? Kam so eben auch nicht.
Gut, je länger die Krise ging, desto mehr unterschied sich das Verhalten der strengen Drinnies von dem der Weitgehend-Scheißegalis und der Auch-Mal-Fünfe-Grade-Sein-Lassenden. Doch im ersten Vierteljahr waren fast alle bereit, zu verzichten. Auf Besuche, Urlaube, Kuscheln, Hochzeiten, Lesungen, Aufführungen, Komfort. Waren bereit zu helfen. Und deswegen frage ich mich, drei Jahre später, wann eigentlich die Denkmäler kommen: für die vielen kleinen humanen Dinge, die wir getan haben.
Wie niedlich wäre zum Beispiel eine Skulptur von zwei Menschen, die sich durch eine transparente Plastikfolie umarmen? Inspiriert vom Pressefoto des Jahres 2020, auf dem eine brasilianische Pflegerin das mit einer älteren Dame macht. Oder, andere Idee: zwei schwebende Balkone, über die hinweg ein voller Einkaufskorb gereicht wird. Es gibt so viele Szenen, die 2020 ausmachten – und die über die Pandemie hinaus Gültigkeit hätten.
Denkmäler der Freude
In anderen Ländern stehen bereits Corona-Denkmäler, allerdings keine, die den Einsatz von Lieschen Müller zelebrieren. Sie sind zuvorderst den Opfern gewidmet oder den Held*innen aus Medizin und Pflege. Sie sind Orte der Trauer und des Schmerzes. Braucht es nicht auch Denkmäler der Freude?
Immerhin ambivalent ist ein Objekt, das demnächst vor einer Pfarrei in Essen stehen wird: eine Sitzbank, die aussieht wie eine lange Krankentrage. Das stehe für Verletzlichkeit, aber auch für Solidarität, sagt der zuständige Pfarrer dem WDR. Starke Idee! Aber ewige Ambivalenz hält uns auch davon ab, die Dinge zu dokumentieren, die gut funktioniert haben – und daraus für kommende Krisen zu lernen. „Best Practice“ heißt das im Politikjargon. Noch scheint es, als gäbe es eine Blockade, die kollektive Leistung von 2020 anzuerkennen. Positive Verweise kommen vorsichtig daher, mit Fußnote: Aber es war auch schlimm, aber wir hätten mehr tun können.
Alles richtig. Aber ich sehe keinen Grund, warum das eine das andere ausschließen sollte. Was hält uns davon ab, hier ein Mahn- oder Grabmal zu errichten und dort zu feiern? Es gibt schließlich genug Fußgängerzonen und Verkehrsinseln, die noch Kunst brauchen.
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