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Dragoner-Areal in Kreuzberg200 Sozialwohnungen müssen her

Der Senat macht aus dem Kiez ein Sanierungsgebiet und könnte so auch private Investoren zu einer günstigen Miete in jeder zweiten Wohnung verpflichten.

Will mindestens 200 Sozialwohnungen auf dem Dragonerareal: Bausenator Andreas Geisel (SPD) Foto: DPA

Auch wenn weiter offen ist, wem das Dragoner-Areal in Kreuzberg künftig gehört: Der rot-schwarze Senat hat am Dienstagnachmittag festgelegt, dass dort mindestens 200 Sozialwohnungen entstehen sollen. Insgesamt stellt sich Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) auf dem Gebiet an der Ecke Mehringdamm/Obertrautstraße 400 bis 500 Wohnungen vor. Basis dafür ist, dass das Gebiet bis hin zur Gneisenaustraße nun Sanierungsgebiet ist, in das neben 14 Millionen Euro für Wohnungsbauförderung weitere 38 Millionen Steuergeld fließen sollen.

Damit ist die seit Jahren währende Diskussion um das Dragoner-Areal – das so heißt, weil es früher von berittenen Soldaten als Kaserne benutzt wurde – zwar nicht beendet, aber einen großen Schritt weiter. Akteure sind der Bund als Eigentümer, vertreten durch Finanzministerium und seine Verwertungsgesellschaft Bima, private Interessenten und das Land Berlin samt seinen Wohnungsbaugesellschaften.

Die Problemlage: Der Bund will das Gelände zwar verkaufen, beharrt bislang aber darauf, dass das allein nach dem höchsten Gebot passiert – und das hat ein privater Bieter mit 36 Millio­nen Euro abgegeben. Das Land hingegen verweist auf eine neue Liegenschaftspolitik auch auf Bundesebene, bei der die künftige Nutzung den Ausschlag geben soll – und will nur 18 Millio­nen zahlen, was angeblich der eigentlich Verkehrs- oder Marktwert ist.

Das Gelände wäre längst in der Hand des Investors, wenn der Finanzausschuss des Bundesrats im vergangenen September nicht den Verkauf – einen Vertrag gab es schon – gestoppt hätte. Das gab dem Senat Zeit, sich konkrete Gedanken über ein Sanierungsgebiet zu machen, in dem das Land auch privaten Eigentümern enge Vorgaben über die Bebauung machen kann.

Senator Geisel geht davon aus, dass es sich bei dem nun festgelegten Anteil von 50 Prozent Sozialwohnungen für einen privaten Investor nicht mehr lohnt, 36 Millionen zu investieren.

Geisel forderte am Dienstag das Bundesfinanzministerium auf, den Vertrag mit dem Investor rückgängig zu machen. Danach hätte das Land Berlin das erste Zugriffsrecht.

Auf Vertragsauflösung drängt auch die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Ihre Miet-Expertin Katrin Schmidberger erinnerte außerdem daran, dass ihre Partei und Kiez-Initia­tiven schon länger gefordert hätten, aus dem Gelände ein Sanierungsgebiet zu machen und sich somit entscheidende Gestaltungsmacht zu sichern.

Damit ist die seit Jahren währende Diskussion einen großen Schritt weiter

Die Sanierungsmaßnahmen in dem sechs Fußballplätze großen Gebiet, das von Mehringdamm und Obentraunstraße sowie von Gneisenau- und Großbeerenstraße begrenzt wird, sollen unabhängig von den weiteren Verkaufsverhandlungen sofort beginnen. Dafür sollen bis 2026 rund 38 Millionen Euro fließen. Dazu gehören eine neue Kita, eine Jugendfreizeitstätte, Spielplätze und der Umbau der von starkem Verkehr belasteten Straßen.

Geld soll es auch für die Sanierung der Salomon-Grundschule geben, die zwar nicht in dem Gebiet selbst, sondern südlich am Viktoriapark liegt, aber die zuständige Schule für die dortigen Kinder ist. Geisels Ziel: „Es geht nicht allein um Wohnungsbau, sondern um eine ganzheitliche Stärkung.“

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4 Kommentare

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  • Der Senat macht aus dem Kiez ein Sanierungsgebiet und könnte so auch private Investoren zu einer günstigen Miete in jeder zweiten Wohnung verpflichten.

     

    Das ist zwingend erforderlich!

     

    Denn viel zu hohe Miete bei gleichzeitig vergleichsweise niedrigem Einkommen im bundesweiten Vergleich, stellt das Hauptproblem für etwa die Hälfte der Berliner.

  • Deutschland ist, wenn man eine Sozialwohnung nicht bezahlen kann und eine billigere Wohnung aufgrund des Zustands und der Lage nicht sehr lange überleben kann. Und deutsche Politik ist, wenn diese Tatsache immer weiter ausgebaut wird.

  • Was ist in Berlin eine Sozialwohnung? In eine Sozialwohnung kann einziehen, wer einen Wohnberechtigungsschein hat. Einen Wohnberechtigungsschein bekommt, wer zum Beispiel als Einzelperson ein Einkommen von bis zu 1.400,-€ netto im Monat hat. Darunter fallen etwa 60% der Berliner Bevölkerung. Das heißt, diese Wohnungen dienen nicht der Versorgung von Menschen mit geringen Einkommen, wie es der Begriff „Sozialwohnung“ suggeriert. Die Sozialrentnerin, die alleinerziehende Mutter mit H4, der arbeitslose junge Erwachsene, die Wohnungslose in der Notunterkunft, sie alle konkurrieren da mit Leuten, die fast doppelt so viel Geld haben.

     

    Die grundsätzlich bestehende ungerechte Verteilung gesellschaftlich erarbeiteter Ressourcen wird durch diesen Wohnungsbau nicht angetastet, im Gegenteil. Selbst die Menschen, die beim Bau dieser Häuser beschäftigt sein werden, werden sich in der großen Mehrzahl die Wohnungen, die sie mit ihrer eigenen Hände Arbeit gebaut haben, nicht leisten können. Wie könnte deutlicher demonstriert werden, was Ausbeutung ist?