Dortmunder Fanprotest gegen Felix Nmecha: Auf die eigene Stärke vertrauen
Dortmunds Neuverpflichtung Felix Nmecha hatte homophobe Inhalte weiterverbreitet. Doch die tolerante Clubkultur wird er damit kaum gefährden.
![Felix Nmecha sitzt im Dortmundtrikot auf einer Bank und lacht Felix Nmecha sitzt im Dortmundtrikot auf einer Bank und lacht](https://taz.de/picture/6375806/14/33161734-1.jpeg)
Null Toleranz für Intoleranz! Werte sind nicht verhandelbar!“ Dieses Spruchband wurde vor der Geschäftsstelle von Borussia Dortmund angebracht. Anlass ist die Verpflichtung von Felix Nmecha, der zuletzt für den VfL Wolfsburg spielte. In der Dortmunder Fanszene sind etliche entsetzt darüber, dass der 22-jährige Nmecha künftig das schwarz-gelbe Trikot überziehen wird. Aus Sicht einer Autorin des BVB-Fanzines schwatzgelb.de hat der Transfer einen Maximalschaden für den Verein verursacht. Sie schreibt: „Man hat die lange erarbeitete Glaubwürdigkeit verzockt! Und die Umgebung, die man geschaffen hat, zerstört.“
Nmecha ist für viele in Dortmund die Personifizierung von Intoleranz. Der 22-Jährige hatte in diesem Jahr zwei Posts mit trans- und homophobem Inhalt zuerst weiterverbreitet und nach massiver Kritik gelöscht. Bei dem ersten Post war ein Video eingebettet, das der amerikanische Rechtspopulist Matt Walsh, der sich mittlerweile selbst als theokratischer Faschist bezeichnet, zusammengeschnitten hatte. Es ging um das Thema Transition von Minderjährigen. Beim zweiten Post wurde der Teufel bildlich mit dem Wort „pride“ in Verbindung gebracht. Nmecha kann man durchaus als Ultrachristen bezeichnen.
Die Empörung über den „Wiederholungstäter“ ist nachvollziehbar. Und wer sich nicht mit diesem Spieler und deshalb nicht mit dessen Arbeitgeber identifizieren möchte, hat seine guten Gründe dafür. Etwas anderes ist aber die Frage, ob der BVB Nmecha gar nicht erst hätte verpflichten dürfen, weil dies nicht, wie es nun heißt, mit den Werten der Toleranz und Weltoffenheit, denen sich der Klub verschrieben hat, vereinbar wäre.
Alle Profifußballvereine in Deutschland würden für sich in Anspruch nehmen, diesen Werten sehr verbunden zu sein. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, es gibt im deutschen Profifußball keinen Platz mehr für Felix Nmecha.
Spekulative Zuschreibung
Das Problematische an einer derart schwerwiegenden Konsequenz ist der Spekulationsraum. Eigenständige transphobe Äußerungen sind von Nmecha nicht bekannt. Für die einen wird er mit dem Teilen von Posts identisch mit den Personen, die diese verfasst haben. Er wird selbst zum theokratischen Faschisten. Zum Sinnbild von Intoleranz. Das Löschen dieser Einträge kann diesen Eindruck nicht mindern. Die anderen, die sich einen sportlichen Wert von ihm versprechen, sehen darin die ersten Schritte zu Besserung und wollen nur eine verschwindend geringe Schnittmenge sehen.
BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erklärte, nach Gesprächen mit Nmecha sei man davon überzeugt, dieser hege kein transphobes oder homophobes Gedankengut. Der Dortmunder Neuzugang selbst versicherte: „Ich bin Christ, liebe alle Leute und diskriminiere niemanden.“
Vielleicht sollte man Felix Nmecha an seinen Worten messen. Und vielleicht sollten die kritischen Dortmunder Fans die Debatte als Ansporn sehen, sich verstärkter gegen Homo- und Transfeindlichkeit im Verein einzusetzen und ein Klima der Toleranz zu schaffen, das fundamentalistische Christen als eine nicht hinnehmbare Zumutung empfinden. Sollte Nmecha Wert auf das Urteil seiner ultrachristlichen Community legen, müsste er sich vor dieser rechtfertigen oder dürfte zu solch einem Verein gar nicht wechseln. Wenn die Kultur eines Vereins durch die Verpflichtung von Felix Nmecha bedroht ist, kann diese nicht besonders stark sein.
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