Doppeldeutige Geste bei „Hart aber fair“: Nicht einfach okay

Ein Zuschauer der ARD-Show zeigt eine Geste, die auch der Christchurch-Terrorist machte. Das sorgt für viel Wirbel. Am Ende war alles anders gemeint.

Der Moderator Frank Plasberg in der ARD-Talkshow «hart aber fair».

Kam nach der Show am Sonntagabend insgesamt eher so semi weg: Moderator Frank Plasberg Foto: dpa

BERLIN taz | Es ist eigentlich eine unverfängliche Geste: Daumen und Zeigefinger bilden einen Kreis, der Mittel- und Ringfinger sowie der kleine Finger sind gespreizt. In Deutschland und vielen englischsprachigen Ländern drückt dieses Zeichen Einverständnis aus – doch spätestens seit der rechtsextreme Christchurch-Attentäter die Geste bei Gericht machte, bekam sie auch eine andere, gefährliche Bedeutung.

Gleich zwei Mal hat ein Zuschauer der ARD-Show „Hart aber fair“ das Zeichen vor der Kamera gezeigt und damit eine Diskussion im Internet ausgelöst. Auf taz-Anfrage teilte der für die Sendung verantwortliche WDR am Dienstag jedoch mit, es handele sich um ein Missverständnis. Der Zuschauer habe erklärt, dass ihm das Zeichen im Zusammenhang mit dem Christchurch-Attentäter nicht bekannt gewesen sei.

Für viel Aufmerksamkeit bei Twitter hatte der Vorfall vor allem deshalb gesorgt, weil die Talkgäste bei „Hart aber fair“ über rechte Gewalt diskutieren sollten. Bereits im Vorfeld gab es Kritik an der Folge, weil AfD-Politiker Uwe Junge in die Runde geladen worden war. Die anderen Talkgästen konnten dann kaum mehr tun, als dem AfD-Mann zu erwidern. Junge hatte nach einer Auswertung des Nachrichtenportals watson.de wohl auch die längste Redezeit in der Sendung.

Dies dürfte dazu beigetragen haben, dass einige Twitternutzer besonders aufmerksam die Sendung verfolgt und die doppeldeutige Geste im Publikum bemerkt hatten. Etwa in den Minuten 21 und 50 sieht man dort einen jungen Mann, der das Zeichen macht, das in den USA Rechtsextremisten zugeordnet wird.

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Die Sprache der Handzeichen

Diese verbreiteten vielfach das Bild, dass die drei abgespreizten Finger ein W darstellten und die zum Kreis geformten Daumen und Zeigefinger ein P – und damit für White Power stünden.

„Die werden immer dreister. Bei #HartAberFair machte ein Zuschauer, der zufällig vor d Kamera kam, mit seinen Fingern dezent, aber gut sichtbar dasselbe Zeichen, das #WhiteSupremacy-Rassisten heute weltweit als Erkennungszeichen dient“, schrieb der Twitter-Nutzer Robert Wagner in einem Beitrag, der mehr als tausend Mal geteilt wurde.

Während einige Nutzer*innen sich über Wagner lustig machten und ihm vorwarfen, er würde übertreiben, teilten andere seine Sorge. „Symbole haben die Bedeutung die man ihnen gibt und wenn Rechtsradikale einem Symbol eine bestimmte Bedeutung geben und das Symbol auch so benutzen, dann hat das Symbol die Bedeutung“, schrieb etwa der Nutzer Karl Peter.

Seit einiger Zeit bemühten sich rechte Internettrolle, den Eindruck zu erwecken, die OK-Handgeste sei ein Zeichen von der White-Supremacy-Bewegung, erklärt Ingrid Brodnig. Die österreichische Journalistin recherchiert schon seit mehreren Jahren zu Hass im Netz. Das Ganze habe als vermeintlicher Witz begonnen, um den Eindruck zu erwecken, das OK-Zeichen sei ein geheimes rechtes Symbol.

Aber wer bekommt jetzt eine Nackenschelle?

Brodnig sagt, das Schwierige an dieser Geste sei, dass sie wohl in 99,9999 Prozent der Fälle komplett normal und harmlos eingesetzt werde, aber vereinzelt auch eine gezielte Trollerei Rechter sein könne.

Harmlos scheint es sich auch in diesem Fall darzustellen: Der junge Mann sei entsetzt darüber gewesen, in Zusammenhang mit dem Christchurch-Attentäter gebracht zu werden, sagte eine WDR-Sprecherin. Man habe ihn nach der Sendung wieder ausfindig machen können.

Demnach habe der junge Mann mit einem Freund ein Spiel gespielt: „Wenn jemand dieses Zeichen macht und ein anderer schaut hinein, bekommt dieser eine Nackenschelle.“ So habe er das Zeichen gemacht, als die Kamera auf ihn gezeigt habe, sagte er nach Angaben der WDR-Sprecherin.

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