Dopingbeichte im Radsport: Schummel-Schumi packt aus
Ex-Radprofi Stefan Schumacher legt nun auch ein Dopinggeständnis ab. Er belastet dabei seinen ehemaligen Teamchef Hans-Michael Holczer schwer.
Stefan Schumacher hat erstmals zugegeben, während seiner Radsportkarriere mit unerlaubten Mitteln gefahren zu sein. „Ich habe Epo genommen, auch Wachstumshormone und Kortikosteroide“, sagte der 31-Jährige im Gespräch mit dem Spiegel. Schon mit Anfang 20 habe er gedopt: „Ich habe mich in ein System eingefügt.“
Schumacher belastet im Gespräch Hans-Michael Holczer, Exrennleiter des Teams Gerolsteiner, schwer: „Der hat schon mitbekommen, was um ihn herum passiert ist.“ Die Mannschaftsärzte des mittlerweile aufgelösten Teams hätten sich ebenfalls aktiv an den Dopingpraktiken beteiligt: „Die meisten Sachen konnte sich jeder aus der Medikamentenbox nehmen. Das war völlig verrückt. Einen so laxen Umgang mit Medikamenten habe ich nur bei Gerolsteiner erlebt.“
Holczer hatte in den Vergangenheit stets behauptet, die Fahrer hätten ohne seine Kenntnis zu verbotenen Substanzen gegriffen. Auch jetzt wehrt er sich: „Das ist vollkommen aus der Luft gegriffen.“ Schumachers Anwalt Michael Lehner lenkt den Verdacht gleichfalls auf eine Mitwisserschaft Holczers. „Ich bin gespannt, ob Holczer irgendwann mit der eigenen Legende aufräumt“, sagt Lehner. „Dass nun gerade unter den Teamchefs ein Heiliger ist, der nichts mitbekommen und die Augen verschlossen hat, ist kaum zu glauben.“
Bei einer Podiumdiskussion in Stuttgart nannte Holczer Doping kürzlich eine „kriminell organisierte Machenschaft“, an der ein großer Kreis von Leuten beteiligt sei, und forderte staatliche Unterstützung bei der Bekämpfung. Holczer, der sich immer wieder als Dopingkritiker ausgegeben und seine Erfahrungen in einem Buch mit dem Titel „Garantiert positiv“ niedergeschrieben hat, hält Doping für „nicht einfach wegkontrollierbar“. Der 59-Jährige sah sich schon in der Vergangenheit ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt.
Exprofi Rolf Aldag hatte ihm nachgesagt, zu Gerolsteiner-Zeiten „an den moralischen Ansprüchen“ gescheitert zu sein. Holczer habe davon geredet, er wolle sauber fahren lassen: „Und dann läufst du angeblich blind durch die Welt und hast drei riesige Dopingfälle in deinen Reihen?“ Gemeint sind die Fälle Davide Rebellin, Bernhard Kohl und Stefan Schumacher, die zum Aus des Rennstalls führten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus