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Donald Trump und Zentralbank-Chef PowellWenn der Präsident ihm das Mikro entreißt

US-Präsident Trump schießt gegen den Vorsitzenden der Fed. Das erinnert, natürlich, an einen anderen legendären Beef: Kanye West vs. Taylor Swift.

Damals, 2009, als Ye noch Kanye hieß und Donald Trump noch Fernsehstar war Foto: Jason DeCrow/ap/dpa

J erome Powell, noch Chef der US-Zentralbank, ist nicht mehr als ein „Loser“. So bezeichnet ihn zumindest Donald Trump. Denn der US-Präsident befindet sich in einem einseitigen Kindergartenstreit mit dem Fed-Mann. Seit einigen Wochen hat er es auf die Zins­politik ­Powells abgesehen, und er begann eine Auseinandersetzung, die andere Zankereien unter Promis in den Schatten stellt.

Worum geht es? Zentralbanken wie die EZB in Europa und ihre US-amerikanische Schwester, die Fed, haben ein klares Ziel: Preise stabil halten. Ihr wichtigstes Werkzeug ist der Leitzins, der bestimmt, wie günstig Kredite sind und wie sehr sich das Sparen lohnt. Ist der Zins niedrig, wird kräftig ausgegeben – steigt er, werden Kredite teurer und wir sparen lieber. Dadurch bremsen Zen­tral­ban­ken die Wirtschaft ein wenig aus, wenn sie zu heiß läuft.

In den USA wird nun befürchtet, dass Trumps Zollchaos die Wirtschaft schwächt und gleichzeitig die Inflation nach oben treibt. Der Präsident will das durch einen niedrigen Zins korrigieren.

Doch „Mr Too Late“ Powell spielt zum Frust des Kindergartenoberhaupts nicht mit. Und erntet dafür Respekt und Solidarität von Financebros weltweit.

Ein Skandal bei den MTV Video Music Awards

Trump vs. Powell, hitziger Machomann gegen unabhängige Ikone. Der Streit erinnert an den Musikbranchen­beef des vergangenen Jahrzehnts: Ye vs. Taylor Swift.

Ye, der sich damals noch Kanye West nannte, unterbrach Taylor Swift bei den MTV Video ­Music Awards 2009 und löste damit einen Skandal aus, für den er sich später entschuldigte. Als die damals 19-Jährige den Preis für das beste ­Musikvideo ­annehmen wollte, sprang er auf die Bühne und entriss ihr das Mikrofon: „Ich freue mich für dich, und lasse dich gleich ausreden, aber Beyoncé hat eins der besten Videos aller Zeiten.“ Auch hier wusste mal wieder ein Mann besser Bescheid.

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2016 flammte der Streit wieder auf, als West in seinem Song „Famous“ behauptete, Swift verdanke ihm ihre Bekanntheit. Taylor war pissed off. In den folgenden Jahren verarbeitete sie die Ereignisse in mehreren Songs.

Taylor Swift und Jerome Powell haben gemein: Sie sind unabhängige Bad-Ass-Bitches

Man stelle sich vor, Trump würde ­Powell während dessen letzter Rede zur US-Zinspolitik das Mikro entreißen: „Ich lass dich gleich ausreden, ­Jerome, aber senk mal lieber die Zinsen.“ Tatsächliche Aussagen der vergangenen Woche kommen dem schon nah: „Ich glaube, ich verstehe viel mehr von Zinsen als er“, behauptete Trump. Übrigens: Ye träumt seit Jahren von einem Platz im Weißen Haus. Größenwahnsinnig und respektlos sind beide.

„Taylor's Version“ und „Jerome's Version“

Auch Taylor und Jerome haben was gemein: Sie sind unabhängige Bad-Ass-Bitches. Taylor wollte sich von ihrem damaligen Label unabhängig machen und nahm ihre Alben in den „Taylor’s Versions“ noch mal auf. Jerome ist Chef der Fed, einer der unabhängigen Behörden in den USA, die noch nicht unter Trumps Wut eingeknickt sind.

Dabei ist in der Geldpolitik besonders wichtig, dass sie sich nicht von den Launen der Po­li­ti­ker*in­nen abhängig macht. Preisstabilität ist ein langfristig angelegtes Ziel. Über ihre Zinspolitik kann die Fed nicht gleichzeitig die Inflation gering halten und Investitionsanreize schaffen, so wie es Trump haben will. Daher will sie vorerst die Auswirkungen von Trumps Politik auf die Beschäftigung und die Inflation abwarten. Es bleibt zu hoffen, dass ­Powell stark bleibt. Oder um es mit Taylor zu sagen: „Haters gonna hate, hate, hate, hate, hate.“

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Anastasia Zejneli
Redakteurin
Jahrgang 1999, studierte Wirtschaftspolitischen Journalismus in Dortmund und gründete ein Kulturmagazin für das Ruhrgebiet. War Taz-Volontärin und arbeitet aktuell im Europateam. Schreibt in der Kolumne "Economy, bitch" über Popkultur und Wirtschaft.
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