Donald Trump in Israel: Ganz privat an der Klagemauer
Trump zollt dem Judentum Respekt, doch israelische Offizielle müssen zurückbleiben. Auf eine Aufwertung Jerusalems muss die Regierung warten.
Für ein, zwei Minuten stellt sich der US-Präsident an das heilige Gemäuer, an das er eine Hand legt, und geht in sich. Dann steckt er sorgsam einen Zettel zwischen die Ritzen.
Donald Trump ist ohne israelische Begleitung zur Klagemauer gekommen. Der US-Präsident beharrt darauf, dass es sich hier um einen privaten Termin handelt. Sein Spaziergang durch die Altstadt bedeutet auch einen Kraftakt für die Sicherheitsbeamten. Zahllose Händler müssen ihre Läden schließen, Polizisten postieren sich auf Balkonen privater Häuser.
Zum ersten Mal, so betont es Israels Staatspräsident Reuven Rivlin schon während seiner Begrüßungsrede am Montag Mittag am Tel Aviver Ben-Gurion Flughafen, „besucht ein amtierender US-Präsident“ die heiligste jüdische Pilgerstätte. Doch so sehr sich die Israelis über den Besuch Trumps freuen, so sehr irritiert sie, dass weder Rivlin noch Regierungschef Benjamin Netanjahu dabei sein dürfen.
Für zusätzlichen Verdruss hat im Vorfeld Trumps Sicherheitsberater Herbert Raymund McMaster gesorgt, als er die Souveränität Israels über die Klagemauer in Frage stellte. McMaster hielt sich damit an den internationalen Konsens. Der Status Jerusalems gilt als nach wie vor ungeklärt und ist Angelegenheit künftiger Friedensverhandlungen. Der östliche Teil der Stadt einschließlich der Altstadt und eben auch der Klagemauer ist völkerrechtlich von Israel besetztes Territorium.
Die große Mehrheit der Israelis, ganz gleich ob sie nun ultraorthodox, nationalreligiös oder liberal eingestellt sind, empfindet hingegen anders. Die Klagemauer gehört für sie ganz klar zu Israel, schon weil sich außer Juden kein Angehöriger anderer Konfessionen für sie interessiert. Hier streiten Juden unter sich.
Ultraorthodoxe schimpfen auf die Frauen an der Mauer, die gern mit Kipa auf dem Kopf beten und selbst die Tora tragen, was im traditionellen Judentum streng verboten ist. Die ganz in schwarz gekleideten Ultraorthodoxen wippen mit dem Oberkörper unruhig vor und zurück, viele Frauen kommen mit Kindern und Babywagen. Sie machen es sich auf Plastikstühlen bequem und lesen im Sitzen im Alten Testament.
Ihnen allen dient die Mauer als eine Art Briefkasten an Gott. Die Gläubigen schreiben ihre Wünsche und Sorgen auf kleine Zettel, die sie in die Mauerritzen stecken, damit der Allmächtige sie lesen und helfen möge, so wie Trump es tut.
„Ich habe nie das Wort Israel erwähnt“, sagte US-Präsident Donald Trump zu Beginn der Besprechung mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Damit bezog sich Trump auf den Vorwurf, er habe geheimdienstliches Material an den russischen Aussenminister Sergei Lawrow durchsickern lassen. Analysten in Israels öffentlich-rechtlichem Fernsehen interpretierten die Aussage Trumps als Indiz dafür, dass das nachrichtendienstliche Material tatsächlich von einem Agenten des Mossad kam.
Für Netanjahu wäre ein gemeinsamer Fototermin mit dem US-Präsidenten an der Klagemauer gerade zur rechten Zeit gekommen. Die Solo-Visite mindert den Effekt. Immer häufiger gerät Israel jüngst unter Beschuss von UN-Institutionen, die auf eine gerechte Regelung und ein Ende der Besatzung im Osten der Stadt drängen. An der „ewig ungeteilten jüdischen Hauptstadt“, wie Netanjahu gern festhält, ist aus Sicht der israelischen Regierung indes nicht zu rütteln.
Keine Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt
Ernüchternd für den israelischen Regierungschef ist zudem, dass Trump zwar im Umfeld der Präsidentschaftswahl versprach, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, seitdem jedoch zögert. Ob und wann es einen Umzug und damit die offizielle Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels geben soll, lässt Trump auch am Montag offen.
Nach Ansicht von Tovah Lazaroff, der stellvertretenden Chefredakteurin der Jerusalem Post, landete Trump einen doppelten Coup. Den Israelis gegenüber könne er sagen, er habe mit seinem Besuch die israelische und jüdische Geschichte unterstützt. Der arabischen Welt und den Palästinensern gegenüber erkläre er, weil ohne Begleitung israelischer Regierungsvertreter, „dass Ost-Jerualem Teil ihres künftigen Staates werden kann“.
Haaretz-Cartoonist Biederman zeichnet Trump schon bei Verhandlungen vor den beiden schwitzenden Dialogpartnern Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, als er selbstbewusst seine Lösung für den Nahostkonflikt verkündet: „Wir verlegen die Botschaft nach Jerusalem und die Klagemauer nach Tel Aviv.“
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