piwik no script img

Diversität bei Academy AwardsMehr Vielfalt bei den Oscars

Die Academy Awards sind zu weiß, es gibt zu wenig Vielfalt – diese Kritik hört die Oscar-Akademie seit Jahren. Nun gibt es neue „Best Picture“-Regeln.

Barry Jenkins und Tarell Alvin McCraney mit ihrem Drehbuch-Oscar für den schwulen Film „Moonlight“ Foto: dpa

Beverly Hills dpa | Jahrelang hagelte es Kritik. Die Oscars seien zu weiß, zu männerlastig, Minderheiten würden meist übersehen. Im Juni kam das Versprechen, durch neue Maßnahmen Vielfalt und Gleichstellung in den eigenen Reihen und bei Oscar-Verleihungen zu fördern. Eine Taskforce der Filmakademie werde Ideen um Gesichtspunkte wie Inklusion und Diversität entwickeln, hieß es. Jetzt folgt der historische Schritt: Mit neuen Standards bei der Oscar-Vergabe will der Verband in der Top-Sparte „Bester Film“ mehr Vielfalt erzwingen.

Bemühungen und Beteuerungen sind nicht mehr genug, nun gibt es klare Vorschriften. Wie die Academy of Motion Picture Arts and Sciences am Dienstagabend (Ortszeit) mitteilte, müssen Bewerber für den Hauptpreis des Oscar-Wettbewerbs ab 2024 mindestens zwei Vielfaltskriterien erfüllen, um sich zu qualifizieren.

Den Filmproduzent:innen stehen dabei mehrere Optionen offen. Sie können unter insgesamt vier Standards wählen. Die reichen von der Rollenbesetzung über Filminhalte bis zu Vielfalt im Produktions- und Marketingteam und der Förderung von Minderheiten durch Praktika und Lehrstellen.

Beispielsweise könnte eine Darstellerin oder ein Darsteller in einer wichtigen Rolle einer Minderheit angehören, etwa afroamerikanischer, asiatischer, hispanischer oder indigener Abstammung sein. Als ein weiteres Kriterium führt die Filmakademie inhaltliche Aspekte an: Filmbeiträge sollten demnach ein Thema behandeln, das sich um Frauen, Minderheiten, Menschen mit Behinderungen oder LGBT-Inhalte dreht – also Lesben, Schwule, bisexuelle und trans Menschen. Als weitere mögliche Standards stellt der Filmverband Diversitätsquoten für die gesamte Rollenbesetzung oder für das Produktionsteam zur Auswahl.

Ernst wird es ab der 96. Oscar-Gala im Jahr 2024. Wer dann einen Film in der Königssparte „Best Picture“ einreichen möchte, muss mindestens zwei dieser Standards nachweislich erfüllt haben. Ab 2022 sollen Anwärter für den „Besten Film“ quasi als Probelauf ihre Diversitäts-Pluspunkte angeben. Für die Oscars 2021, die wegen der Coronavirus-Pandemie nicht im Februar sondern erst Ende April vergeben werden, gibt es keine neuen Auflagen.

Diversität ist in der Filmszene schon lange ein beliebtes Buzzword. Sie hätten einige Ideen für die neuen Normen beim renommierten British Film Institute (BFI) abgeschaut, teilte die Oscar-Akademie mit. „Wir glauben, dass diese Inklusionsstandards ein Katalysator für dauerhaften, wichtigen Wandel in unserer Industrie sein werden“, sagten Academy-Präsident David Rubin und Geschäftsführerin Dawn Hudson in der gemeinsamen Erklärung.

Leichter gesagt als getan. Der Academy-Verband mit über 9.000 Mitgliedern, die jedes Jahr die Oscar-Preisträger wählen, setzte sich traditionell aus überwiegend männlichen Mitgliedern weißer Hautfarbe zusammen.

Mit dem Hashtag #OscarsSoWhite kochte die Kontroverse um die mangelnde Vielfalt und die Anerkennung schwarzer Talente in Hollywoods Filmgeschäft immer wieder hoch. Als 2016 zum zweiten Mal hintereinander keine Afroamerikaner in den vier begehrten Schauspielerkategorien nominiert wurden, reagierte der Filmverband auf die massive Kritik und kündigte „historische Maßnahmen“ an.

So lädt die Akademie nun jedes Jahr deutlich mehr Frauen und unterrepräsentierte ethnische Gruppen als neue Mitglieder ein, um einen Wandel herbeizuführen. Im Zuge der Rassismusdebatte in den USA nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd gab der Verband im Juni bekannt, man werde Mitgliedern Kurse und Gesprächsrunden anbieten, um Voreingenommenheit abzubauen und Themen wie Diskriminierung anzusprechen.

Bei der letzten Oscar-Verleihung im Februar war die Trophäenshow unter Druck geraten, als in der Sparte „Beste Regie“ nur Männer nominiert wurden, obwohl es mit Regisseurinnen wie Greta Gerwig („Little Women“), Lulu Wang („The Farewell“) oder Lorene Scafaria („Hustlers“) reichlich Auswahl gab. Am Ende gab es aber einen historischen Sieg des Südkoreaners Bong Joon Ho, der mit der Gesellschaftssatire „Parasite“ vier Trophäen abräumte. Der Oscar für den besten Film ging zum ersten Mal nach Südkorea und an eine nicht-englischsprachige Produktion.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Es ist kompliziert: Werden dann Filme nominiert und gekürt, die gut sind und zufällig auch Diversität der genannten Art zeigen, oder werden dann Filme produziert, bei deren Produktion eine Liste abgearbeitet wurde, dies und jenes einzuschließen?



    Sicher ist es sinnvoll, vor allem auch Menschen Arbeit und Sichtbarkeit zu geben, die gute Arbeit leisten und bestimmten Gruppen angehören, die selten gezeigt oder prämiert werden. Aber wäre es umgekehrt auch sinnvoll, Menschen zu Arbeit zu geben oder sie zu küren, nur weil sie bestimmten Gruppen gehören?

    Und dann gibt es ja auch von einer Seite die Forderung, nur Schauspieler mit entsprechenden Erfahrungen sollten Figuren mit diesen Erfahrungen spielen. Spielen dann also LGBTQ-Schauspieler immer LGBTQ-Rollen? Und wenn es anders läuft, und z.B. Cis-Schauspieler Transfiguren spielen, wäre das dann Diversität oder Aneignung?

    • @BlauerMond:

      Vermutlich wird es - egal wie rum sich entschieden wird - immer weiter genörgelt werden. Es darf gar nicht gut werden, sonst bräuchte es die vielen Mahner nicht mehr.

      Bis vor kurzem sollten Alter, Geschlecht, Ethnie usw. in Auswahl- oder Entscheidungsprozessen möglichst keine Rolle spielen. Bewerbungen für Jobs (oder sowas wie Wohnungen) möglichst dahingehend anonym erfolgen. Jetzt wird genau das Gegenteil von gleicher Seite gefordert.

      • @TazTiz:

        Die Politik, die sich offiziell nach außen so definierte, dass Alter, Geschlecht, Ethnie etc. keine Rolle spielen soll, hatte dazu geführt, dass 94% der Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Sciences, die die Preisträger nominieren und wählen, weiß waren, 77% waren Männer (Stand 2012). Seitdem ist offenbar, dass es keine Rolle spielt bloß für diejenigen, für die es eben nie eine Rolle spielt.

  • Komische Zeit: Filme & deren Qualität hängen also an deren Diversität? Hauptsache die Konsumenten sehen das am Ende auch so.

    • @TazTiz:

      Zuschauerzahlen sind für die Oscars irrelevant. Das Kunst und Regeln nicht zusammen gehen schon eher.