Dispozinsen im Vergleich: Plus mit dem Minus
Die Dispozinsen sinken, doch Banken verdienen immer noch kräftig an überzogenen Konten – und kommen auf neue Ideen, wie sie kassieren können.
BERLIN taz | Bankkunden, die in den Dispo rutschen, müssen dafür laut Stiftung Warentest im Schnitt etwas weniger zahlen als vor einem Jahr. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Zeitschrift Finanztest.
„Bewegt haben sich vor allem die Institute, die im vergangenen Jahr besonders dreist zugegriffen hatten“, sagt Stiftungsvorstand Hubertus Primus. Wer bei Kontoeröffnung auf die Dispozinsen achtet, kann einiges sparen: Den niedrigsten Zinssatz hatte zum Stichtag 1. August die Deutsche Skatbank mit 4,9 Prozent, den höchsten die Volksbank Westenholz und die Raiffeisenbank Weil und Umgebung mit 14,25 Prozent.
1.504 Banken haben die Tester untersucht – sämtliche Institute, die Verbrauchern private Girokonten anbieten. Dabei zeigte sich nicht nur, dass das durchschnittliche Niveau des Dispozinssatzes mit 10,65 Prozent noch deutlich über dem Leitzins liegt. Sondern auch, dass Verbraucher, die ein Konto eröffnen wollen, es häufig schwer haben, Informationen über die Dispozinsen zu erhalten.
So ist es längst nicht Standard, dass die Zinssätze auf den Webseiten der Institute zu finden sind. Gerade bei den Volks- und Raiffeisenbanken sei das ein Problem: Nicht einmal jede zweite Bank veröffentliche die Konditionen im Netz, und wenn, teilweise versteckt, etwa im Impressum. Auch in den Filialen – wo die Banken zum Aushang der Konditionen verpflichtet sind – wurden Testkunden nicht immer fündig. Teilweise bekamen sie sogar auf Nachfrage keine Auskunft.
Wo liegt ein fairer Dispozins
Banken rechtfertigen hohe Dispozinsen gerne mit hohen Ausfallquoten. Die Tester haben daher bei den Instituten nachgefragt, wie hoch denn der Anteil an nicht zurückgezahlten Dispokrediten ist. Die 60 Banken, die geantwortet haben, nannten Werte zwischen 0 und 3,81 Prozent. Eine Studie des Verbraucherministeriums kam 2012 auf noch niedrigere Werte. Demnach werden nur 0,3 Prozent aller Dispokredite nicht bedient. Bei Konsumentenkrediten liege die Quote bei 2,5 Prozent.
Für die Banken ist der Dispo ein lukratives Geschäft: „Jeder Prozentpunkt spült – grob über alle Institute gerechnet – knapp 380 Millionen Euro in die Kassen“, sagt Primus. Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband fordert daher eine Kopplung der Dispozinsen an die Marktzinsen. Laut Primus müsse ein fairer Zins deutlich unter 10 Prozent liegen.
Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) ist da weniger eindeutig. „Wir müssen sicherstellen, dass die Dispozinsen in Zukunft nicht, wie es in der Vergangenheit und der Gegenwart noch viel zu häufig der Fall ist, zu einer Schuldenfalle für Verbraucherinnen und Verbraucher werden“, sagte er vergangene Woche im Bundestag. Doch bislang sieht Maas nur kosmetische Änderungen vor. Etwa eine Beratungspflicht der Bank, wenn der Kunde lange im Dispo steckt.
Einige Banken finden angesichts der Kritik bereits neue Wege: Konten mit speziell niedrigem Dispozins, aber hohen Kontoführungsgebühren. Hier sollten Verbraucher rechnen, ob sich monatliche Gebühren von bis zu 25 Euro bei günstigerer Nutzung des Dispos wirklich lohnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!