piwik no script img

Diskussion um Jahn-Denkmal„Jahn war antifeministisch“

Das Jahn-Denkmal im Neuköllner Park Hasenheide soll abgerissen werden, fordert Claudia Cremer vom Netzwerk Frauen in Neukölln.

Noch thront der antidemokratische Turnvater Jahn über der Hasenheide, doch wie lange noch? Foto: Joerg Carstensen/dpa
Marie Frank
Interview von Marie Frank

taz: Frau Cremer, das Netzwerk Frauen in Neukölln fordert, dass das Denkmal von „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn in der Hasenheide abgerissen wird. Warum soll das Denkmal weg?

Claudia Cremer: Jahn war antifeministisch, rassistisch und antijüdisch. Seine Turnklientel sollten ausdrücklich nur deutsche Jungs sein und keine jüdischen Jungs und keine Mädchen.

Der vor mehr als 250 Jahren geborene Jahn war Gründer der deutschen Turnbewegung, die er als paramilitärische Ausbildung verbunden mit nationaler und patriotischer Erziehung konzipierte. In der Hasenheide hat er den ersten Turnplatz Deutschlands errichtet. Wie kommt es, dass sich das Netzwerk Frauen in Neukölln gegen die Ehrung Jahns einsetzt?

Im Interview: Claudia Cremer

Die 63-Jährige ist Sprecherin des Netzwerks Frauen in Neukölln, das sich seit 2006 für Chancengleichheit und Gleichberechtigung von Frauen einsetzt.

Als feministisches Netzwerk kümmern wir uns nicht nur um frauenspezifische Belange, sondern auch um antirassistische und so weiter. Dieses riesige Denkmal hat einige von uns massiv gestört. Da das Bezirksamt Neukölln die Absicht hat, den gesamten Park umzugestalten, haben wir gedacht, da könnte man doch gleich mal mit überlegen, wie man mit diesem Denkmal umgeht. Man kann es kommentieren, umgestalten oder eben gleich entfernen.

Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) begrüßt die Debatte über das Jahn-Denkmal. Über eine Umbenennung des Jahn-Sportparks in Prenzlauer Berg wird schon seit Jahren diskutiert, der rot-rot-grüne Senat erteilte dem Vorhaben 2018 eine Absage. Für wie realistisch halten Sie es, dass es zum Abriss des Jahn-Denkmals kommt?

Ich denke, das ist ein dickes Brett. Es ist ja nicht das einzige problematische Denkmal in Deutschland. In der Antwort auf unseren Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln wurde uns erklärt, dass die Gelder für einen klimaneutralen Umbau des Parks bewilligt wurden, da passe so ein Abriss nicht rein. Der zuständige Baustadtrat hat nun angeregt, ein Gutachten zu erstellen.

Klingt, als könnte es noch eine Weile dauern.

Das ist anzunehmen. Wir als Netzwerk Frauen in Neukölln, das sind rund 70 Einrichtungen, wollen auf jeden Fall am Ball bleiben, damit das nicht wieder einschläft. Auch was die Jahnstraße und den Jahnsportplatz in der Nähe angeht.

Was würden Sie denn lieber für ein Denkmal in der Hasenheide sehen, haben Sie da eine konkrete Idee?

Es gibt ganz, ganz viele Ideen. Man muss auch nicht unbedingt ein anderes Denkmal hinstellen, da sind wir völlig offen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Ja wie? “Es gibt ganz, ganz viele Ideen. Man muss auch nicht unbedingt ein anderes Denkmal hinstellen, da sind wir völlig offen.“ Na dann! Hier geht’s los!

    “Klimmzug



    Das ist ein Symbol für das Leben.



    Immer aufwärts, himmelan streben!



    Feste zieh! Nicht nachgeben!



    Stelle dir vor: Dort oben winken



    Schnäpse und Schinken.



    Trachte sie zu erreichen, die Schnäpse.



    Spanne die Muskeln, die Bizepse.



    Achte ver die Beschwerden.



    Nicht einschlafen. Nicht müde werden!



    Du mußt in Gedanken wähnen:



    Du hörtest unter dir einen Schlund gähnen.



    In dem Schlund sind Igel und Wölfe versammelt.



    Die freuen sich auf den Menschen, der oben bammelt.



    Zu! Zu! Tu nicht überlegen.



    Immer weiter, herrlichen Zielen entgegen.



    Sollte dich ein Floh am Po kneifen,



    Nicht mit beiden Händen zugleich danach greifen.



    Nicht so ruckweis hin und her schlenkern;



    Das paßt nicht für ein Volk von Turnern und Denkern.



    Klimme wacker,



    Alter Knacker!



    Klimme, klimb



    Zum Olymp!



    Höher hinauf!



    Glückauf!



    Kragen total durchweicht.



    Ah — äh — äh — endlich erreicht.



    Das Unbeschreibliche zieht uns hinan,



    Der ewigweibliche Turnvater Jahn.“



    textlog.de/ringelnatz/gedichte/klimmzug



    & zum Ewigweiblichen auffe Hasenheidi



    Denkmal¿ - Na - BOLLE - wer sonst - wa!



    “Auf der Heide,



    Da jabs ne Keilerei,



    Und Bolle, jar nicht feige,



    War mittenmang dabei,



    Hat's Messer rausgezogen



    Und fünfe massakriert.



    Aber dennoch hat sich Bolle



    Janz köstlich amüsiert.



    Es fing schon an zu tagen,



    Als er sein Heim erblickt.



    Das Hemd war ohne Kragen,



    Das Nasenbein zerknickt,



    Das linke Auge fehlte,



    Das rechte marmoriert.



    Aber dennoch hat sich Bolle



    Janz köstlich amüsiert.



    Als er nach Haus jekommen,



    Da ging's ihm aber schlecht,



    Da hat ihn seine Olle



    Janz mörderisch verdrescht!



    'Ne volle halbe Stunde



    Hat sie auf ihm poliert.



    Aber dennoch hat sich Bolle



    Janz köstlich amüsiert.…“



    & Dieselknecht laßt gehn Jungs 🎶🎶🎶



    m.youtube.com/watch?v=qvCGuuRPzSY



    The whole shit!

  • Das Problem bei solchen Forderungen ist meiner Meinung: Ich kenne niemanden, der Denkmäler aus vergangenen Jahrhunderten noch ernst nimmt. Niemand geht erfurchtsvoll an solchen Figuren vorüber und "gedenkt". Insofern klingen solche Forderungen, man solle ein "schädliches" Denkmal entfernen, damit keiner der falschen Menschen gedenkt, affig.



    Ich finde es wesentlich zeitgemäßer, dass die Turnvater-Figur jeden Tag dadurch kommentiert wird, dass sich um sie herum feiernde und kiffende Jugendliche, niemals aber Turner versammeln. Sozusagen fresh, unfromm, fröhlich, frei, high.

    • @Achim Kniefel:

      Völlig richtig. Das Ganze dient oft nur der Selbsterhöhung der Fordernden. Natürlich war Jahn kein Sympathisant und aus heutiger Sicht zutiefst reaktionär und unangenehm. Aber wer orientiert sich denn noch an dem? Würde sich irgendetwas KONKRET verbessern, wenn diese Statue da nicht mehr stünde? Natürlich nicht das geringste. Es ist reine Selbstschmeichelei.

  • 6G
    652797 (Profil gelöscht)

    Am besten bald einfach Berlin umbennen. Irgendwann wird es wirklich lächerlich. Menschen die vor 250 Jahren lebten an heutigen Maßstäben zu messen. Luther war bekanntlich auch kein Freund der Juden, Marx war ein Rassist wie im Bilderbuch.



    Was spricht gegen eine Tafel die am Denkmal aufklärt?

    • @652797 (Profil gelöscht):

      Pssssst! Nicht Marx' Rassismus erwähnen!

  • Che Guevara anstatt Turnvater! Hasta la victoria siempre!

    • 6G
      652797 (Profil gelöscht)
      @Herry Kane:

      Also einen homophoben ein Denkmal setzen? Macht nicht wirklich Sinn gelle.